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Mitarbeiterqualifizierung durch Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen rechtlich richtig gestalten. Klare Grenzen, sauber formuliert
Fachkräftemangel, steigende Energiekosten, Inflation, hoher Krankenstand … – das sind nur einige der Themen, die Unternehmen aus der Transport- und Logistikbranche extrem zusetzen. Um so wichtiger wird die langfristige Bindung der Arbeitnehmer an das Unternehmen. Nicht nur wichtig, sondern existenziell!
Ein angenehmes Umfeld ist ausschlaggebend dafür, dass sich Mitarbeitende am Arbeitsplatz wohlfühlen. Durch persönliche Entwicklungsmöglichkeiten wie Qualifikation und Weiterbildung profitieren Unternehmen einerseits von motivierten Beschäftigten, die damit im Unternehmen gehalten werden können. Andererseits werden das Leistungs- und Qualifikationsniveau erhöht und die für das Unternehmen relevanten Kompetenzen gefördert.
Immer häufiger übernehmen Arbeitgeber teilweise oder vollständig Kosten für Fort- und Weiterbildungen ihrer Arbeitnehmer und schließen darüber (gesonderte) Fortbildungsvereinbarungen. Der Nachteil solcher Maßnahmen der Mitarbeiterbindung ist jedoch die steigende Arbeitsmarktfähigkeit besonders ehrgeiziger Beschäftigter, womit sich das Abwanderungsrisiko erhöht.
Deshalb sind zur Absicherung dieser Bildungsinvestitionen klare und rechtssichere Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und gefördertem Arbeitnehmer zu treffen.
Was versteht man unter einerFortbildung?
Grundsätzlich sind darunter nur Qualifizierungen zu verstehen, die der Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt zu seinen Gunsten verwerten kann. Dazu zählen nicht die verpflichtenden Weiterbildungen von Lkw-Fahrern nach dem BKrFQG. Diese sind lediglich Auffrischung einer bereits erworbenen Qualifizierung. Die Fortbildung eines Disponenten zum Fachwirt/-in für Güterverkehr und Logistik etwa zählt hingegen sehr wohl dazu.
Transparenz – die wichtigste Forderung der Rechtsprechung
In zahlreichen Urteilen von Arbeitsgerichten zu Fortbildungs- und Rückzahlungsvereinbarungen wird festgestellt, dass der geförderte Arbeitnehmer klar und eindeutig erkennen muss, auf was er sich mit einer solchen Vereinbarung einlässt. Hierzu gehört insbesondere, dass aus der Vereinbarung erkennbar sein muss, wie hoch ein eventueller Rückzahlungsanspruch des Arbeitgebers sein kann und aus welchen Positionen er sich zusammensetzt.
Ausscheiden aus dem Unternehmen – die Gründe sind entscheidend
Es kann vielfältige Gründe für eine vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses geben. Die zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu schließende Vereinbarung muss ausdrücklich regeln, dass Kündigungen des Arbeitgebers aus betriebsbedingten Gründen keine Rückzahlungspflicht auslösen, ebenso wenig arbeitnehmerseitige Kündigungen aus Gründen, die der Arbeitgeber zu vertreten hat.
Eine mögliche Formulierung lautet: „Sollte der Arbeitnehmer a) sein Arbeitsverhältnis infolge eigener Kündigung, die nicht auf ein vertragswidriges Verhalten des Arbeitgebers zurückzuführen ist, b) oder einer von ihm veranlassten oder auf sein vertragswidriges Verhalten zurückzuführenden Aufhebungsvereinbarung beenden, c) oder sollte ihm in dieser Zeit fristlos oder fristgerecht aus verhaltensbedingten Gründen (oder aus personenbedingten Gründen) gekündigt werden, so hat er dem Arbeitgeber die bis zu diesem Zeitpunkt angefallenen und vom Arbeitgeber eingesetzten Ausbildungskosten zu erstatten.
Mitarbeiter bricht Fortbildung ab – die Rechtsprechung sieht es differenziert
Einigkeit besteht darin: Bricht der Mitarbeiter die Fortbildungsmaßnahme aus selbst verschuldeten Gründen ab, hat er keine Lust mehr oder tritt er aus willkürlichen Gründen eine geforderte Prüfung nicht an, dann löst dies die Rückzahlungspflicht aus. Wichtig ist auch für solche Umstände, dass die Vereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und Arbeitnehmer auch in diesem Punkt rechtsicher gestaltet werden muss. Eine mögliche Formulierung lautet: „Falls die Teilnahme des Arbeitnehmers an der Ausbildung aus Gründen, die der Arbeitgeber zu vertreten hat, abgebrochen werden muss, besteht keine Verpflichtung zur Rückzahlung der vorstehend genannten vom Arbeitgeber eingesetzten Kosten.“
Eine Fortbildungsvereinbarung mit Rückzahlungsklausel ist immer mit besonderer Vorsicht und unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung zu formulieren. Fehler kommen den Arbeitgeber teuer zu stehen. Falsche Klauseln sind unwirksam und schließen die Rückforderung der Kosten regelmäßig aus.
DIE BINDUNGSDAUER- EINE STETE STOLPERFALLE
Fortbildungsinvestitionen des Arbeitgebers dienen einem wesentlichen Ziel: Bindung des Mitarbeiters an das Unternehmen über einen längeren Zeitraum. Verständlich die Reaktion, wenn ein Mitarbeiter kurz nach einer geförderten Fortbildung das Unternehmen verlässt. Um dies zu vermeiden kann eine Vereinbarung einer Mindestbeschäftigungsdauer nach Abschluss der Fortbildung vereinbart werden, deren Unterschreitung die Rückzahlung der Kosten durch den Arbeitnehmer auslösen soll. Dabei hat vor allem die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) folgende Richtwerte festgelegt:
Fortbildungsdauer Bindungsdauer | |
1 Monat | Bis zu 6 Monate |
2 Monate | Bis zu 12 Monate |
3–4 Monate | Bis zu 24 Monate |
6–12 Monate | Nicht länger als 3 Jahre |
Länger als zwei Jahre | Bis zu 5 Jahre |