Credit: Privat

Eugen Jung, Geschäftsführer der Jung Spedition GmbH in Kassel und Aufsichtsratsvorsitzender der SVG Hessen eG, im Interview.

Herr Jung, Sie selbst haben sich vor drei Jahren einen Pkw angeschafft, der mit Wasserstoff angetrieben wird. Was waren damals Ihre Beweggründe?
Ein Wasserstoff-Fahrzeug habe ich angeschafft, nachdem wir in Kassel eine der ersten öffentlichen Wasserstofftankstellen am Lohfeldener Rüssel eröffnet hatten. Die neue Antriebstechnologie wollte ich ausprobieren. Es gilt: Ein Kilogramm H2 entspricht vier Litern Diesel. Damit sind die üblichen Fahrwege gut machbar.

Wie lange sind Sie den Wagen gefahren und welche Erfahrungen haben Sie gemacht?
Ich hatte einen Daimler GLE. Das Fahrzeug bin ich nur drei Monate gefahren, weil es immer wieder Gangprobleme anzeigte – und nicht fuhr. Das Kuriose: Als Fahrzeug mit Elektroantrieb hat es jedoch gar keine Gangschaltung mehr …
Das heißt: Hier wurde ein normaler Pkw GLE einfach auf WasserstoffAntrieb umgebaut. Damit waren viele Fehler vorprogrammiert. Da es sich um ein Leasing-Fahrzeug handelte, habe ich es kurzerhand zurückgegeben.

Wir müssen eine eigene Tankstellen-Logistik aufbauen

Welche Schlüsse ziehen Sie aus diesen Erfahrungen – im Hinblick auf die Lkw-Flotte Ihres Unternehmens?
Für mein Empfinden ist Wasserstoff ein sehr gutes Antriebsmittel. Er lässt keine Wünsche offen im Hinblick auf Reichweite, Tankvorgang, Durchzugskraft und Höchstgeschwindigkeit. Der große Unterschied liegt darin, dass Pkw mit 350 bar und Lkw mit 700 bar betrieben werden. Das ist aber nur in Bezug auf das Tanken wichtig. Wir müssen für Lkw eine eigene Tankstellen-Logistik aufbauen, da passt nichts zueinander!

Was muss sich ändern, damit Sie es in Betracht ziehen, den eigenen Fuhrpark mit Wasserstoff-betriebenen Fahrzeugen auszustatten?
Wenn der Antrieb Wasserstoff mit CO2 versetzt wird, entsteht Methangas. Das ist in normalen Lkw-Vielstoffmotoren verwendbar. Ein entscheidender Punkt bleibt in der Tat die Kostenfrage, denn wir müssen konkurrenzfähig handeln. Unsere Kunden wollen zwar ihre Güter umweltschonend transportiert sehen, aber ich kann mir kaum vorstellen, dass dafür ein Preisaufschlag akzeptiert wird. Der normale Wasserstoff kostet derzeit 9,50 Euro pro Kilogramm an der Tankstelle. Bei einem Vierliter-Dieseläquivalent ist das zu teuer. Bei der chemischen Industrie, etwa den Farbwerken Hoechst, kostet das Kilogramm H2 nur
1,20 Euro pro Kilogramm. Das macht Sinn. H2 ist dort nämlich ein Abfallprodukt bei vielen Prozessen – aber eben nicht grün.

Und wie gehen Ihre Kollegen aus der Branche mit diesem Thema um?
Unsere Branche steht immer wieder am Pranger. Es heißt, wir seien zu laut, zu groß, zu schwer, zu umweltschädlich und so weiter und so fort. Insofern sind alle daran interessiert, besser zu werden. Vieles wurde in den letzten Jahrzehnten erreicht, aber nicht von der breiten Öffentlichkeit wahrgenommen – oder auch bewusst verdrängt. Frei nach dem Motto: Die Konkurrenz zur Bahn darf nicht umweltverträglicher sein!

Was ist von Kundenseite dazu zu hören?
Ich bin mir ziemlich sicher, sobald ein neuer, umweltverträglicher Antrieb gefunden ist, wird er sich sofort durchsetzen. Wenn es Kostenvorteile gibt, wird das sogar sehr schnell gehen. Schließlich stand der Diesel in den letzten Jahren stark in der Kritik.

Ein Blick in die Zukunft – was denken Sie, wohin es in der Transport- und Logistikbranche gehen wird?
Ich erwarte, dass der Transport auf der Straße künftig in einzelne logistische Bereiche zerfallen wird. Die Innenstadtverkehre werden voll elektrisch bedient werden; DHL-Pakete per eScooter machen bereits den Anfang. Der Regionalverkehr, bis 150 Kilometer um den Standort herum, wird batteriebetrieben, beispielsweise mit dem eActros, oder mit Hybridantrieb gefahren. Der Fernverkehr und internationale Verkehre werden mit Wasserstoffantrieb unterwegs sein – so meine Prognose für die nächsten zehn Jahre.

Zur Person:


Eugen Jungs Unternehmen, die heutige Jung Spedition GmbH, ist bereits seit über 110 Jahren am Markt. 1911 vom Urgroßvater
gegründet, wechselte die Firma 1950 von Sachsen nach Hessen und ist seitdem am Standort Kassel zu Hause. „Wir beschäftigen
uns ausschließlich mit nationalem Fernverkehr“, erklärt der 75-jährige Diplom-Betriebswirt, der seit 1973 für sein Unternehmen aktiv ist. Darüber hinaus engagiert er sich unter anderem als Aufsichtsratsvorsitzender der SVG Hessen eG.

Share