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Mittlerweile gehört es zum Arbeitsalltag schon fast dazu: Die Möglichkeit, im Homeoffice zu arbeiten, bringt für Arbeitgeber und Arbeitnehmer viele Vorteile. Doch was passiert, wenn ein Arbeitnehmer im Homeoffice verunfallt oder sich verletzt?
Mit Einführung des § 28 b Abs. 4 Infektionsschutzgesetz ist der Arbeitgeber seit dem 24. November 2021 (vorerst bis zum 19. März 2022) erneut verpflichtet, Beschäftigten im Fall von Büroarbeit oder vergleichbaren Tätigkeiten anzubieten, diese Tätigkeiten in deren Wohnung auszuführen – vorausgesetzt, es stehen keine zwingenden betriebsbedingten Gründe entgegen. Beschäftigte haben dieses Angebot anzunehmen, soweit ihrerseits keine Gründe entgegenstehen.
Berufsgenossenschaft lehnte Leistung ab
Was ist jedoch, wenn sich der Arbeitnehmer zu Hause verletzt? Dieser Frage hat sich nun das Bundessozialgericht (BSG) angenommen. Im vorliegenden Fall befand sich der Arbeitnehmer auf direktem Wege von seinem Bett ins Homeoffice – wie üblich ohne Frühstück. Auf der Treppe Richtung Schreibtisch rutschte er aus. Ein Arbeitsunfall, wie nun das BSG feststellte. Der klagende Arbeitnehmer befand sich auf dem Weg zur Arbeitsaufnahme von seinem Schlafzimmer in das eine Etage tiefer gelegene häusliche Büro. Laut vorliegender Pressemitteilung des BSG beginnt er üblicherweise dort unmittelbar zu arbeiten – ohne vorheriges Frühstück. Allerdings rutschte der Arbeitnehmer auf dem Weg nach unten auf der Wendeltreppe aus und brach sich einen Brustwirbel. Die beklagte Berufsgenossenschaft (BG) lehnte jedoch Leistungen anlässlich des Unfalls ab.
Was gilt als versicherter „Betriebsweg“?
Das zuständige Sozialgericht widersprach dem zunächst in erster Instanz und erkannte den Weg vom Bett ins Homeoffice als versicherten Betriebsweg an. Das Landessozialgericht hingegen sah das in zweiter Instanz anders und stufte den Vorfall als unversicherte Vorbereitungshandlung ein, die der eigentlichen Tätigkeit nur vorausgehe.
Das BSG gab nun jedoch dem Sozialgericht Recht und stufte den Sturz als Arbeitsunfall ein. Das Beschreiten der Treppe ins Homeoffice diene nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz allein der erstmaligen Arbeitsaufnahme und sei deshalb als Verrichtung im Interesse des Arbeitgebers als Betriebsweg versichert. Das BSG hat den Fall anhand einer früher geltenden Rechtslage entschieden. Ob der Fall in Anbetracht einer seit Frühsommer geltenden Neuregelung genauso entschieden worden wäre, lässt die Pressemitteilung jedoch offen.
Fazit
Die Auffassung des BSG überzeugt, denn bei einer Tätigkeit außerhalb der Betriebsstätte ist aufgrund der Betriebsdienlichkeit auch der Arbeitsweg versichert. Der erstmalige morgendliche Weg ins Homeoffice dient in diesem Fall dem Arbeitsantritt – und erfolge somit im Betriebsinteresse. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Versicherungsschutz gemäß § 8 Abs. 1 S. 3 SGB VII seit dem 18.06.2021 bei einer Tätigkeit im Homeoffice „im gleichen Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte“ besteht. Zu einem anderen Ergebnis wäre es wahrscheinlich gekommen, wenn sich der Arbeitnehmer, vor der erstmaligen Arbeitsaufnahme an diesem Tag, auf dem Weg zum Frühstück befunden hätte. Dann wäre der Weg nicht mit dem Weg an die Arbeitsstätte gleichzusetzen gewesen. Da der Grenzbereich zwischen privaten Handlungen und betriebsdienlichen Tätigkeiten im privaten Umfeld des Homeoffice mitunter fließend ist, wird das Thema die Sozialgerichte mit Sicherheit noch lange beschäftigen.