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400, 600 oder gar 800 Kilometer? Wie groß ist die Reichweite eines elektrisch angetriebenen Lkw im Moment? Für die Anforderungen des Fernverkehrs oftmals jedenfalls nicht ausreichend, muss wohl die Antwort lauten. Das Problem kann man versuchen, mithilfe technischer Weiterentwicklung zu lösen. Einen anderen Weg geht nun die Initiative European Clean Transport Network (ECTN) mit einem groß angelegten Praxistest in Frankreich. Die ECTN ist eine französische Initiative des Unternehmens Ceva Logistics aus der CMA CGM-Gruppe, des Energieversorgers Engie und des Autobahnbetreibers Sanef.

Wie wäre es, wenn man nicht den E-Lkw zeitaufwendig lädt, sondern die Ladung an eine vollgeladene Zugmaschine mit einem frischen Fahrer übergibt? Das Prinzip des Anfang 2024 gestarteten Versuchs orientiert sich am Pony-Express des amerikanischen Westens. Bei dem haben Reiter ihre Ladung an Poststationen dem nächsten Reiter mit frischem Pferd übergeben und damit das zeitweilig schnellste Postsystem des Kontinents gebildet.

Emissionen drastisch reduziert

Für den Versuch wurden auf der 900 Kilometer langen Strecke zwischen den Städten Avignon und Lille fünf sogenannte Relaisstationen errichtet – am Start- und Zielpunkt sowie in Lyon, Dijon und Sommesous. Kommt hier ein Fahrer mit seinem E-Lkw an, übergibt er den Anhänger an den nächsten Fahrer und schließt sein Fahrzeug an die Ladesäule an. Ist die Batterie wieder voll, übernimmt er dann die nächste ankommende Fracht.

Nach 16 Monaten und mehr als einer Million zurückgelegter Kilometer zieht die ECTN ein durchweg positives Fazit. Die Treibhausgasemissionen konnten auf dem Autobahnabschnitt auf ein Viertel reduziert werden. Durch das Stafettensystem verkürzte sich außerdem die Fahrzeit von durchschnittlich 23 auf 17 Stunden – also um 25 Prozent. Durch die festen täglichen Hin- und Rückfahrten über nur wenige hundert Kilometern mit regelmäßigen Fahrplänen verbesserten sich zudem die Arbeitsbedingungen der Lkw-Fahrer deutlich.

190 Stationen europaweit

Für die praktische Umsetzbarkeit hat die ECTN zudem eine Machbarkeitsstudie erstellt. Diese kam zu einem beeindruckenden Ergebnis: Wenn europaweit 190 solcher Relaisstationen errichtet würden, wären alle tatsächlich nur jeweils 300 Kilometer voneinander entfernt. Und einen zusätzlichen Flächenverbrauch würde das System nicht verursachen, weil man die Stationen ja an den ohnehin frequentierten Raststätten errichtet könnte. Kommt damit etwa nach einem ganz alten Prinzip eine neue Antriebsform in den Ferngüterverkehr?

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