Credit: shutterstock_1527195980_ Robert Kneschke
Fachkräfte in sechs Wochen ausbilden: Die THOR-Akademie im thüringischen Menteroda will nichts weniger, als das Ausbildungssystem revolutionieren. Der HVS stellt die Akademie vor und hat mit Unternehmensgründer Kersten Thor gesprochen. Eine schnellere und hoch spezialisierte Weiterbildung von Fachkräften, vor allem im Bereich der Erneuerbaren Energien – das ist das Konzept der THOR-Akademie. Akademiegründer Kersten Thor erklärt, wie das Modell seiner Akademie funktioniert.
Damit revolutionieren wir, auf Deutsch gesagt, die komplette Ausbildungslandschaft.
Kersten Thor
Q & A
Was bietet die THOR-Akademie ihren Kunden?
Los ging es bei uns mit der Firma THOR Montagen. Die haben wir gegründet, um Kunden aus dem Handwerk zwei Arten von Angeboten zu machen. Zum einen unterstützen wir gewerbliche Kunden mit qualifiziertem Fachpersonal in den Bereichen Hausgebäudeversorgung, Heizung, Klima, Sanitär und Elektro. Zum anderen können wir in diesen Bereichen komplette Projekte für unsere Kunden übernehmen. Im nächsten Schritt haben wir dann die THOR-Akademie gegründet, in der wir unser eigenes Montagepersonal für diese beiden Geschäftsfelder ausbilden, qualifizieren und spezialisieren.
Inzwischen haben Sie die THOR-Akademie auch für externe Kunden geöffnet?

Richtig. Wir wollen nicht nur unsere eigenen Monteure spezialisieren, sondern die des ganzen Marktes. Die Monteure von Handwerksunternehmen können wir zu Experten für Erneuerbare Energien weiterbilden. Heute geht es ja mehr ums Spezialisieren, nicht mehr ums Generalisieren. Wärmepumpen-Installateure etwa werden dringend gebraucht, doch das Berufsbild gibt es im Grunde gar nicht. Die heutigen Monteure wurden noch für den Gaskessel ausgebildet. Mit unseren Experten aus der Praxis spezialisieren wir sie nun genau dafür. Das ist nicht mehr die breite Ausbildung, wie es sie früher gab, aber mit der werden wir auch keinen Blumentopf mehr gewinnen.
Eine technische Vorbildung ist für die Spezialisierung nicht notwendig?
Wir richten uns an alle, die grundlegende technische Kenntnisse mitbringen. Es ist nicht zwingend notwendig, dass jemand aus dem Heizungsbau kommt, um Wärmepumpen-Installateur zu werden. Es ist gut, thermische Prinzipien zu kennen. Aber man muss
heute zum Beispiel nicht mehr unbedingt schweißen können, das ist alles nur noch Plug and Play. Man muss Komponenten installieren und dazu das Prinzip verstehen, aber das ist keine Raketenwissenschaft.
An welche Gruppe richtet sich das Angebot denn direkt?
Es ist ganz gleich, ob das Menschen sind, die vorher im Hotel gearbeitet haben, oder Geflüchtete, die zu uns kommen und sagen, ich möchte eine zweite Chance und möchte mich in etwas bilden, was ich so nicht gelernt habe. Gerade Geflüchtete wollen wir ansprechen: Da kommen Menschen zu uns, meistens traumatisiert aus einer Notsituation, und was uns in diesem Lande bisher dazu einfällt, ist, sie in Containerdörfer zu pferchen und erstmal nicht arbeiten zu lassen. Mit unserem Konzept können wir sie sprachlich integrieren und in eine sinnvolle Aufgabe bringen. Damit schlagen wir zwei Fliegen mit einer Klappe: Wir können Menschen dazu ermutigen, sich in diesem Land schneller zu integrieren; und würden als Land davon profitieren, weil so dringend benötigte Qualifikationen entstehen. Das ist Zuwanderung, wie sie sein sollte.
Die THOR-Akademie ist ja auch organisatorisch für die Ausbildung Geflüchteter gut aufgestellt.
Mit unserem Vollprogramm aus Unterbringung und Verpflegung haben wir im Grunde für Geflüchtete ein ideales Angebot. Wir sind dazu auch mit staatlichen Stellen, unter anderem dem Migrationsamt hier in Thüringen, in intensivem Austausch.
Wie lange dauert eine Spezialisierung bei der THOR-Akademie?
In einem Sechs-Wochen-Kurs kann man Fachkraft für Photovoltaik und Wärmepumpentechnik werden. Da lernt man das ganze Feld der Photovoltaik und der Wärmepumpentechnik inklusive der jeweiligen Befähigung für den Elektroanschluss.
Photovoltaik ist ja übrigens auch für Transport- und Logistikunternehmen interessant. Die Dächer der großen Lagerhallen eignen sich ideal für PV-Anlagen. Daneben bilden wir auch Klimamonteure, Lüftungsmonteure, Medizingastechniker und Elektriker aus. Den Sechs-Wochen-Kurs teilen wir auf in dreimal zwei Wochen, damit die Teilnehmer nicht so lange am Stück bei der Arbeit fehlen. Damit revolutionieren wir, auf Deutsch gesagt, die komplette Ausbildungslandschaft.
Wir haben selbst eine Matching Software programmiert, unser ,Parship’ für Fachkräfte.
Kersten Thor
Die Ausbilder kommen aus Ihren eigenen Reihen?
Die Ausbilder sind aktuell vorzugsweise unsere eigenen Monteure, die bei uns schon zehn Jahre oder länger gearbeitet haben und die alle eine IHK-Trainerausbildung absolviert haben. Aktuell haben wir sechs Gewerketrainer, die sich jeweils um acht bis zwölf Teilnehmer kümmern. Im Moment können wir also bis zu 100 Teilnehmer gleichzeitig betreuen – unsere Kapazitäten aber bei Bedarf deutlich steigern. Wir haben eigene Unterkünfte und eine Akademie-Mensa, in der die Schulungsteilnehmer verpflegt werden – das Full-Service-Paket. Außerdem gibt’s dort große Expansionsmöglichkeiten, sehr viel erschlossenes Bauland, auf dem weitere Hallen entstehen können. Aktuell haben wir fertige Wohnungen für 200 Teilnehmer und Potenzial für weitere Objekte. Eines Tages könnten es 1000 Teilnehmer sein.
Gibt es am Ende der Ausbildung ein Zertifikat?
Die Fachkräfte für Photovoltaik und Wärmepumpentechnik legen nach dem sechswöchigen Kurs eine Prüfung ab und erhalten ein IHK-Zertifikat. Dafür hatte uns die IHK zwei Jahre lang begleitet und geprüft, ob unsere Ausbildungsinhalte, Ausbildungstiefe und Ausbildungswertschöpfungsketten ihren Prüfungsregularien entsprechen. Das Berufsbild „Fachkraft für Photovoltaik und Wärmepumpentechnik“ haben wir uns schützen lassen.
Die Weiterbildung ist auch förderfähig?
Wir haben es jetzt erreicht, dass uns das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) als eingetragene Akademie listet. Damit kann sich jeder Handwerker die Spezialisierung seiner Monteure staatlich fördern lassen, und wir kümmern uns auch noch um das Fördermanagement.
Wie wird denn Ihr Angebot vom Markt angenommen?
Gerade haben wir zum Beispiel einen großen Auftrag als Direktbeauftragung erhalten. Für einen Messdienstleister für Wohnungen bilden wir das gesamte Montagepersonal aus, alle vier Wochen 15 neue Leute, in zwei Jahren sollen es 300 Monteure sein. Zusätzlich dazu übernehmen wir auch die Montage inklusive Disposition, Materiallogistik und allem, was dazugehört. Ein weiterer entscheidender Ansatzpunkt könnte die Nachfolgeregelung im Handwerk werden. 250.000 Familienbetriebe werden bis 2030 nicht mehr am Markt sein, weil es keine Kinder gibt, die die Firma übernehmen.
Setzen Sie bei der Qualifikation auch auf digitale Tools?
Wir haben selbst eine Matching Software programmiert, unser ,Parship für Fachkräfte‘. Wenn wir für THOR Montagen Fachkräfte rekrutieren, denen zum Beispiel einzelne Qualifikationen fehlen, werden diese in der THOR-Akademie gelehrt. Unser Grundsatz heißt: der beste Mensch für die Arbeit, die beste Arbeit für den Menschen. Dafür bildet die Matching App über 800 Kompetenzen ab, nicht nur auf der Qualifikationsseite, sondern auch bei den Skills. Ein ganz banales Beispiel:
Kann jemand gut schweißen und ist menschlich sehr umgänglich, setzt man den beim Endkunden ein; ist jemand ein super Schweißer, aber ein Choleriker, ist er vielleicht besser in einer Industriehalle aufgehoben. Und wenn wir nochmal zum Thema Geflüchtete zurückkehren: Die Matching App kann auch Menschen helfen, deren ausländische Abschlüsse bei uns nicht anerkannt werden, indem sie detailliert ihre Fähigkeiten abbildet.
Dass Ihre Weiterbildungen alle im Bereich der erneuerbaren Energien liegen, ist sicher kein Zufall?
Man könnte sagen, wir gehen dahin, wo die meisten Schmerzen sind, wo die größten Bedarfe liegen. Der Klimawandel muss so schnell wie möglich aufgehalten werden, das geht nur über den verstärkten Einsatz von erneuerbaren Energien. Dafür sind wir händeringend darauf angewiesen, dass irgendjemand das umsetzt, dass jemand Photovoltaikanlagen oder Wärmepumpen installiert. Und da werden viele im Markt auf uns angewiesen sein, weil sie die Manpower dazu nicht haben.
Welche Zukunftspläne verfolgen Sie mit der THOR-Akademie?
Nach dem Berufsbild „Fachkraft für Photovoltaik und Wärmepumpentechnik“ wollen wir uns als Nächstes den „Thermotroniker für Erneuerbare Energien“ schützen lassen. Das nächste Zertifikat, das wir anstreben, wird der kleine Gesellenschein sein. Und mittelfristig werden wir auch das Spektrum der Branchen erweitern, für die wir Ausbildungen anbieten. Wir wollen auf jeden Fall auch Angebote machen für Fachkräfte für Sicherheitstechnik sowie im Bereich Transport und Logistik.