Packt mit an, wo es notwendig ist: Peter Possmann, Geschäftsführer der Kelterei Possmann.
Fotos: Possmann
Kelterei Possmann – das ist wohl jedem Hessen ein Begriff.
Der feine Apfelwein wird aber auch weltweit exportiert.
Regelmäßig ab September geht es besonders hoch her bei der Kelterei Possmann in Frankfurt-Rödelheim: Dann beginnt die Apfelernte und ein herrlicher, fruchtiger Duft umhüllt das Betriebsgelände. Wagen um Wagen kommt herein und bringt neue rote, grüne und gelbe Ware. „Wir legen Wert darauf, dass unsere Äpfel von Streuobstwiesen kommen“, sagt Uwe Schäfer, Kaufmännischer Leiter der Kelterei Possmann. „Gerade die Vielfalt der Sorten trägt viel zum guten Geschmack unserer Weine bei.“
Gut für die Natur ist es außerdem, denn Streuobstwiesen weisen eine hohe Artenvielfalt auf. Und beherbergen einen Apfel-Genpool, den es zu pflegen gilt. „Schon aus diesem Grund sind wir nicht nur Abnehmer, sondern fördern aktiv den Streuobstwiesenerhalt, der ja auch typisch für diesen Landstrich ist“, so Schäfer.
Egal ob 100 Kilogramm oder gleich ein ganzer Anhänger: Alle gesunden Äpfel sind willkommen. „Im vergangenen Jahr sind mehr als 10.000 Tonnen angeliefert worden. Spitzenjahrgänge hatten bis zu 20.000 Tonnen. In diesem Jahr sind es allerdings deutlich weniger. Beim bevorzugten Streuobst haben wir eine sehr schwache Ernte. Für Plantagen- und Tafelobst waren die Bedingungen wiederum so gut, dass es kaum Ausschuss für die Keltereien gibt, sondern das Obst komplett dem Einzelhandel zugeführt wird oder in die Lagerhäuser geht.“
Konstante Temperatur für optimale Lagerung
Platz für gute Erntejahre ist vorhanden: Bis zu 20 Millionen Liter Saft könnte Possmann lagern. „Das ist unser Vorteil bei dieser schwachen Ernte: Wir haben noch Vorräte, auf die wir nun zurückgreifen können.“ Gelagert wird in den Kellergewölben. Frisch ist es dort: Die Temperatur liegt ganzjährig bei sieben bis zehn Grad Celsius. Für die gute Isolierung sorgt die dicke Sandsteinkonstruktion. Schäfer: „Im Sommer sehr angenehm, im Winter etwas frisch – aber immer noch besser als draußen! Ehemals war hier eine Kiesgrube, die uns beste Voraussetzungen für den Bau eines großen Kellers bot. Der verwendete Sandstein stammt von einer alten Brücke und alten Kasernengebäuden, die nicht mehr gebraucht wurden.“
Angeliefert wird in den unterschiedlichsten Mengen, das Lager für den gepressten Saft fasst bis zu 20 Millionen Liter
Überhaupt geht es bei Possmann nicht um Ware von der Stange. „Wir können genau so sein, wie wir sind: Ein kleiner traditioneller Familienbetrieb für qualitativ hochwertige Getränke. Wir beobachten, dass trotz eines etwas höheren Preises die Kundinnen und Kunden sich dennoch für ein Possmann-Produkt entscheiden, weil ihnen die Qualität und die Werte, die wir mitbringen, wichtig sind“, sagt Schäfer. So kommt es auch, dass der ein oder andere bei Possmann seinen eigenen Haus-Schoppen produzieren lässt. „Bei Bedarf können wir 80 bis 100 Sorten Apfelwein herstellen, wenn wir wollen. Der Kunde wählt aus einigen Proben aus, und wenn die Richtung gefällt, machen wir zum Beispiel 25.000 Liter. Der wird dann so lange genommen, bis er leer ist. Das würden wir am liebsten noch viel öfter machen, weil es eine ganz tolle Sache ist.“
Eine endlose Kette von Flaschen passiert die Förderbänder, bis zu 100 Sorten Apfelwein sind möglich …
… so können auch Spezialwünsche erfüllt werden
Die Voraussetzungen sind nicht schlecht, lässt sich doch eine Rückbesinnung der Konsumenten auf regionale und traditionelle Getränke, Lebensmittel und Familienbetriebe feststellen. „Es wird mehr Wert auf Handwerk und Tradition gelegt. Auch das Thema Nachhaltigkeit ist für uns ein sehr positiver Trend, da wir schon von jeher einen sehr nachhaltigen Ansatz für die Herstellung unserer Produkte verfolgen.“
In Teilen ist das sogar augenfällig: Rund die Hälfte der Dächer ist mit Solaranlagen belegt. Der Strom wird selbst verbraucht, und die Planung für weitere Solarflächen läuft. Ziel ist es, etwa die Hälfte des Stroms über die eigene Erzeugung abzudecken. Die andere Hälfte der Dachfläche ist begrünt. „Das haben wir bereits in den 90er-Jahren gemacht. Das Gras-Dach hat den großen Vorteil: Es speichert Wasser, was wir über Leitungen für den Keller nehmen, um unsere Tankanlagen zu kühlen. Und wir haben da oben auch Enten brüten und so weiter, also richtig Leben auf dem Dach. Das gehört auch ein bisschen zu dem Biotop-Anspruch, den wir als Unternehmen auch selbst haben.“
Fünfte Generation
Seit 1881 ist Possmann in Familienhand, aktuell mit Peter Possmann als Geschäftsführer und Paula Possmann als Leiterin des Marketing. Jüngste Erweiterung des Geschäftsfelds: Produktion verschiedenster Apfelwein-Variationen, darunter auch Schaumwein. Dieser gewann 2023 bei der diesjährigen Ciderworld Gold in der Kategorie Apfelschaumwein.
Technische Runderneuerung
Tradition ja, aber mit Blick nach vorn. In den vergangenen zehn Jahren wurde eine technische Runderneuerung der gesamten Produktionstechnik vorgenommen. Eine neue Produktionsanlage, mit modernster Kameratechnik wurde ebenso installiert wie neueste und energetisch optimierte Kühltechnik. Dabei ist das Geschäft nicht einfacher geworden. „Zuerst kam Corona und dadurch Kurzarbeit, dann die Energiekrise. Seit etwa zwei Jahren fahren wir in der Produktion aufgrund der Preisexplosion eine 4-Tage-Woche.“
Was in dieser Zeit produziert wird, findet nicht nur in Hessen Absatz. Geliefert wird sogar bis in die USA, nach Japan und Thailand. Und selbstredend innerhalb ganz Deutschland. Warum Possmann dabei auf die SVG als Partner setzt? „Für Kraftstoffe und deren Abrechnung, Zusatzstoffe wie AdBlue sowie Tankkarten sind wir bei der SVG gut aufgehoben. Wir bevorzugen, soweit das im Einzelfall möglich ist, die Zusammenarbeit mit lokalen und regionalen Partnern. Hier konnten wir das realisieren und sind sehr froh über die kurzen Wege und Reaktionszeiten“, sagt Schäfer. Regional wirtschaften, das heißt auch kurze Wege zum Kunden.
Die 30er-Jahre: Pferdekutschen haben ausgedient, geliefert wird mit Langhaubern und in Holzfässern
Firmengründer Philipp Possmann
Die Anfänge
1880 erwarb Philipp Possmann in Rödelheim den Gasthof Taunus. Möglichkeit und Bedarf waren da: Das Ehepaar Possmann begann das Keltern von Äpfeln. Die Begeisterung für den neuen Schoppen war groß, und so beschloss man schon 1881, ein neues Gewerbe als Apfelweinproduzent anzumelden. Philipp Possmann vereinbarte per Handschlag mit Wirten und Landbesitzern Abnahmemengen und tätigte seine entscheidende Investition: Er kaufte das Pferd Paulo. Von nun an konnte er den frisch gekelterten Äpfelwein mit eigenem Pferdefuhrwerk transportieren und ausliefern.