Credit: Privat
Ein weit verbreiteter Irrtum ist sicherlich, dass Berufskraftfahrer und -fahrerinnen nur Lkw fahren. Denn das stimmt nicht! In
der Ausbildung zum Bkf lernen die Schülerinnen und Schüler entweder das Fahren eines Lkws oder das Fahren eines Busses. So auch Luisa Schanze. Die 20-Jährige absolviert ihre Ausbildung zur Berufskraftfahrerin bei der Udo Diehl Reisen GmbH & Co. KG. Das Unternehmen bietet Fernbusreisen an. Zudem gehört zur Diehl-Gruppe die Oberhessische Verkehrsgesellschaft mbH (OVG), die den Geschäftsbereich des öffentlichen Personennahverkehrs abwickelt. Im Linienverkehr ist auch Schanze unterwegs und ist dort im Landkreis Marburg-Biedenkopf im Einsatz.
Schreinerin wollte Schanze werden und irgendwann einmal den Busführerschein machen – das war stets ihr Wunsch. Doch nach der Realschule und einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme fand sie keinen geeigneten Ausbildungsplatz. Warum also nicht direkt den durchaus ungewöhnlichen Wunsch in die Tat umsetzen? Selbstverständlich kannte Schanze die OVG – nur zu oft war sie selbst Fahrgast und wurde von dem Busunternehmen unter anderem zur Schule chauffiert. Im Internet fand sie dann heraus, dass die Firma ausbildet.
Abwechslungsreicher Alltag
Mittlerweile ist Schanze im dritten Lehrjahr und wird 2021 ihre Abschlussprüfung ablegen. Die Führerscheinprüfung hat die junge Frau bereits im ersten Ausbildungsjahr bestanden. In den ersten beiden Jahren war Schanze in verschiedenen Bereichen tätig. „Wir Auszubildenden lernen das ganze Unternehmen kennen:
So habe ich auch in den kaufmännischen Bereich reingeschnuppert. Und natürlich absolvieren wir Busfahrerinnen und Busfahrer auch ein Praktikum in der hauseigenen Werkstatt, um ein besseres technisches Verständnis zu erlangen. Das finde ich richtig super!“ berichtet Schanze, die auf einem Bauernhof mit Hühnern, Enten und Gänsen aufgewachsen ist. Sie habe nicht gedacht, dass ihr die Ausbildung so viel Spaß machen würde. „Unterwegs zu sein, durch die Gegend zu fahren, Leute kennenzulernen, immer wieder was Neues zu sehen – das ist genau mein Ding!
Den ganzen Tag im Büro zu hocken, wäre nichts für mich“, fügt die Auszubildende strahlend hinzu. Bevor Schanze selbst hinters Steuer durfte, stand ein psychologisches Gutachten an. Denn: Wer unter 21 Jahren ist und Personen befördern möchte, muss seine Reaktions- und Wahrnehmungsfähigkeit sowie seine Fahrtauglichkeit testen lassen. Ihr Alter ist übrigens auch im Alltag immer wieder gern Thema: „Viele Fahrgäste sind überrascht und sagen ‚So eine junge Busfahrerin sieht man aber selten!‘. Allerdings ist
auch schon ein älterer Herr, ein gestiegen, sah mich und stieg wieder mit den Worten ‚Nee, Sie sind zu jung.‘ aus“, erinnert sich Schanze lachend. Anfangs hat sie so etwas noch bedrückt, sodass die junge Frau abends schlecht gelaunt war, wie sie zugibt. Doch mittlerweile steht sie über solche Äußerungen: „Aufregen lohnt nicht. Und ich bin dann ja nicht diejenige, die auf den nächsten Bus warten muss.“ Doch die meisten Begegnungen und Gespräche mit Fahrgästen bereichern ihren Alltag:
Ich finde es immer schön, wenn ein Fahrgast mit mir spricht oder zumindest grüßend ein- oder aussteigt.
Nächste Station: Lkw-Führerschein
Familie und Freunde waren zu Beginn skeptisch, ob diese Ausbildung das richtige für die 20-Jährige ist. Mittlerweile sind jedoch alle
stolz auf sie. Auch, wenn Schanze in ihrem Beruf aufgeht, so gibt es dennoch Herausforderungen. „Ganz bestimmt bin ich nicht
jedes Mal, wenn ich um vier Uhr meine Schicht antrete, hoch motiviert. Das ist schon hart, erst recht, wenn ich dann am nächsten Tag bis 19 Uhr fahre“, gibt Schanze zu. Ihre Pausen verbringt sie meistens im Bus
„Das kann am Bahnhof sein oder am Betriebshof – das kommt immer auf die Schicht und die Route an.“ Unter Kolleginnen und Kollegen werden Tipps gegeben, wo es Toiletten gibt. Es mangelt jedoch an sauberen Toiletten, zu der es kostenfreien Zugang gibt. „Es wäre schon toll, wenn ich mit meinem Betriebsausweis Toiletten einfach nutzen könnte, ohne, jedes Mal dafür zu bezahlen“, gibt Schanze zu Bedenken. Ob Arbeitszeiten, die Suche nach Sanitäranlagen oder Fahrgäste, die nicht einsehen, zu diesen besonderen Zeiten, eine Mund-Nasen-Schutzmaske im Bus zu tragen – die Freude an ihrem Beruf lässt sich Schanze nicht vermiesen.
Die Chancen nach erfolgreich bestandener Ausbildung übernommen zu werden, stehen gut. Dabei ist sie auch offen: Durchaus kann sich Schanze vorstellen, auch einen Bus für Fernreisen zu lenken. Vor Corona durfte sie schon einmal eine Reise mitmachen. Und dann ist da noch der Plan, eines Tages den Lkw-Führerschein in der Tasche zu haben. Ihr Vater und ihr Schwager sind Lkw-Fahrer. Als Kind sei sie öfters beim Vater mitgefahren. Dieser Wunsch kommt also nicht von ungefähr.