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Gemeinsam die richtigen Weichen stellen: Die erfolgreiche Ausbildungsinitiative Berufskraftfahrer e.V. stellte Unternehmerin Anja Blieder-Hinterlang beim hessischen Mobilitätstag am Lohfeldener Rüssel vor.

Das 2008 in Wetzlar ins Leben gerufene Projekt beschäftigte sich während der ersten zehn Jahre vor allem mit der Image-Pflege der Branche. 2017 wandelte sich der zunächst lose Verbund in einen Verein um. 30 feste Mitglieder sowie eine Reihe fördernder Partner tragen die Institution heute, der Jahresbeitrag liegt bei 180 Euro. Derzeit durchlaufen 111 Azubis das erste Jahr ihres Ausbildungsganges. Insgesamt werden 250 Nachwuchskräfte betreut, die die dortige Werner-von-Siemens-Schule besuchen. Auch Busunternehmen engagieren sich in dem genannten Rahmen.

„Mein ganz herzlicher Dank geht an die SVG, mit der unser Verein partnerschaftlich kooperiert und die uns auf vielfältige Art und Weise unterstützt“, betonte Blieder-Hinterlang.
Nach ihren Worten bezieht sich die Förderung auf Equipment, Räumlichkeiten, Manpower und finanzielle Zuwendungen. Darüber hinaus sind weitere Partner aktiv. Der Bogen spannt sich von MAN über Mercedes, Iveco und Dekra bis hin zur örtlichen Industrie-
und Handelskammer sowie der Agentur für Arbeit.

Provokante Pressearbeit

Ihr Augenmerk richtet die Initiative darauf, das nicht immer positive Bild des Berufskraftfahrers in der Öffentlichkeit zu fördern. Dazu gehört, die Vielfalt der Aufgabe herauszustellen, auf die volkswirtschaftliche Bedeutung hinzuweisen und Fahrergemeinschaft zu stärken, um so das Empfehlungsmarketing zu intensivieren. Es gelte, so die Referentin, das Lohnniveau der Fahrer ins rechte Licht zu rücken und die Bildungs- sowie Aufstiegschancen des Bachelors im Straßenverkehrs zu verdeutlichen.
Neben Politikerpatenschaften setzt der Verein bei seiner PR auf provokante Pressearbeit, die auch schon mal den leeren Kühlschrank als Folge des Fahrermangels und der unterbrochenen Logistikketten in den Fokus rückt. Als Medien nimmt die Initiative unter anderem die Fachpresse in den Blick und nutzt dazu beispielsweise Mailings, Plakate, Messeauftritte und ihre Internet-Präsenz.

Authentisch auftreten!

Aktionstage werden organisiert, Eltern und deren Kinder eingeladen, Berufsschulen besucht und der Übergang von der Schule zum Beruf begleitet. „Wir beziehen bewusst die Ehefrauen und den Nachwuchs unserer Fahrer ein, treiben die Standardisierung von Praktika voran und sehen uns als Ansprechpartner für Azubis“, fasste Blieder-Hinterlang zusammen. Wichtig ist es aus ihrer Sicht, in der Branche mit viel Kreativität an innovative Arbeitszeit-Modelle heranzugehen. Auch die Werbung für den Beruf in Kindergärten lohne sich, ebenso wie die vertrauensvolle Kooperation mit Berufsschulen.

Wer wird eigentlich Berufskraftfahrer?
In dem Kontext, so die Unternehmerin, möge man sich verdeutlichen, dass es in fast 90 Prozent der Fälle die jeweiligen Eltern sind, die den künftigen Weg vorschlagen. Dabei komme der IHK und den sogenannten Olov-Beauftragten als Schnittstelle große Bedeutung zu. Für die auf die Lehre folgenden Perspektiven komme es darauf an, den Nachwuchskräften nahezubringen, dass die Ausbildung keine Sackgasse oder gar Endstation darstelle, sondern lediglich den ersten Schritt auf der Karriereleiter.

Blieder-Hinterlang unterstrich, dass es unerlässlich sei, bei der Öffentlichkeitsarbeit authentisch aufzutreten. „Imagepflege ist keine Lackpflege“, brachte sie ihre Devise auf den Punkt. Auch wenn sich aktuell in Nordhessen nur 20 Azubis auf ihre künftige Aufgabe als Berufskraftfahrer vorbereiteten, sei es für die Unternehmen der Region wichtig, an ihrem Engagement festzuhalten. „Bilden
Sie weiter aus“, appellierte die Referentin an die versammelten Kolleginnen und Kollegen. Das müsse durchaus nicht jeder für sich allein tun; deshalb gebe es Einrichtungen wie die in Wetzlar, in der kleine Unternehmen im Verbund mit anderen erfolgreich agieren könnten.

Der Transport-Profi bringt’s

In der folgenden Diskussion forderte Eugen Jung, die Branche müsse moderner werden. Es gelte zum Beispiel, die Rahmenlehrpläne zu aktualisieren. „Dabei sollten wir die Gewerkschaften mitnehmen“, hob Jung hervor. Auch komme der äußerst traditionelle, aber leicht angestaubte Begriff des Berufskraftfahrers „wenig sexy rüber“. Wenn dieser etwa durch die Bezeichnung als Transport-Profi abgelöst werde, könne es gelingen, das Image zu verbessern. Claus-O. Herzig betonte die Bedeutung der Wertschätzung, die den Brummi-Lenkern entgegenzubringen sei. Vielerorts habe ein Umdenken in dieser Richtung eingesetzt. So sei es richtig, manche Frage vom Kraftfahrer her zu denken. Herzig erinnerte daran, wie sich im Lauf der vergangenen drei Jahrzehnte der Kauf eines Lkw verändert habe. „Früher haben wir als Chefs völlig allein entschieden – und das Auto war da“, sagte er. Wer die Zeichen der Zeit verstanden habe, befrage in dem Kontext heute seine(n) Fahrer. Schließlich sei der es, der den Lkw zu bewegen habe.

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