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In der Septemberausgabe äußerte sich Fachmann Hans-Werner Faust unter anderem zur Sicherheitslage an deutschen
Autobahn-Parkplätzen und zu Aktivitäten von Banden. Er sprach über das Bewusstsein der Fahrer und Präventionsbemühungen
von Unternehmern. In der Ausgabe spricht er mit dem HVS über die Kriminalität am Rande der Autobahn.


Herr Faust, wo sehen Sie in Sachen Prävention Luft nach oben?

Unternehmen und ihre Berufskraftfahrer haben leider sehr viel mit Kriminalität zu tun. Und zu allem Übel passt sich Kriminalität schnell veränderten Umständen an. Außerdem kostet Prävention Zeit und Geld – „There is no glory in prevention!“ Es gibt aber keine Alternative.
Prävention ist ein kontinuierliches Muss für Unternehmen und Berufskraftfahrer. Das A und O sind gezielt von Fachleuten
durchgeführte Schulungen im Rahmen der BKF, ergänzt durch firmeninterne Informationen und Kontrollen. Letztendlich zahlt sich
Prävention wirtschaftlich für die Unternehmen und für die Gesundheit der Berufskraftfahrer immer aus!

Wie sieht es mit der technischen Prävention aus? Was ist sinnvoll, was nicht?
Technische Präventionsmittel, zum Beispiel die Sicherheitsplane, der Gasmelder, aber auch stabile mechanische Zusatzschlösser,
können Lkw sicherer machen – nie sicher! Neben der technischen Prävention können unter Umständen visuelle Maßnahmen, wie Klebschilder mit der Warnaufschrift „Achtung, alarmgesichert!“ oder „Gasalarm“, Kriminelle vom Lkw abhalten.
Es ist eben Prävention. Prävention ist nur schwer messbar. Messbar werden Schäden, und dann ist es zu spät. Deswegen sollte Prävention, solange sie nicht schadet, unbedingt Anwendung finden – auch in Form von technischen und visuellen Hilfsmitteln.

Wie beurteilen Sie die offenbar zunehmende Bewaffnung der Fahrer?
Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass Berufskraftfahrer bewusst, aber auch oft unbewusst bewaffnet sind. Bewusste
Bewaffnungen sind etwa Butterfly-Messer, Schreckschusspistole, Schlagring oder Totschläger.
Zur unbewussten Bewaffnung gehören Gegenstände, die, wenn sie nicht zweckgebunden zur Anwendung kommen oder widerrechtlich geführt werden, waffenrechtliche Probleme nach sich ziehen können. Dazu gehören Baseballschläger, bestimmte Messer sowie Schlagstöcke.
Für Laien, und das sind die Berufskraftfahrer, ist der Einsatz von Waffen gegenüber Kriminellen nicht zu empfehlen. Erstens sind Laien nicht trainiert im Umgang mit Waffen. Zweitens müssen beim Einsatz von Waffen die rechtlichen Voraussetzungen vorliegen. Und die sind meistens unbekannt oder werden falsch interpretiert. Und drittens sind die Fahrer, wenn sie sich wehren, in der Regel
vom brutalen Vorgehen der Kriminellen überrascht und daher schnell überfordert.

Damit kann eine Fahrerin oder ein Fahrer bei einem Handgemenge mit Kriminellen am Lkw schnell selbst zum Straftäter oder zur Straftäterin werden. Auch kann untrainiertes Agieren mit Waffen die Gesamtsituation verschlimmern und zu schweren Verletzungen führen. Deshalb: Das Tragen von Waffen ist eine gefährliche Scheinsicherheit!

Was halten Sie von eingezäunten, videoüberwachten Parkangeboten?
Die Einrichtung von eingezäunten und videoüberwachten Parkangeboten ist ein großer Fortschritt in der Sicherheitskultur des straßengebundenen Güterverkehrs. Besonders wichtig ist eine kontrollierte und nicht nur überwachte Ein- und Ausfahrt zu diesen
Parkplätzen. Sichergestellt muss auch sein, dass bei Zwischenfällen eine funktionierende Alarmkette vorhanden und jeder Nutzer dieser Parkplätze damit vertraut ist.
Bei aller gebotenen Sicherheit durch diese Parkplätze, darf sich aber kein Fahrer beziehungsweise keine Fahrerin in absoluter
Sicherheit wiegen. Abfahrtskontrolle und Sicherheitscheck sind, egal wo der Lkw steht, von herausragender Bedeutung und dürfen
niemals vernachlässigt werden.

Tipps für Sie und Ihre Mitarbeiter in Sachen Vorbeugung

  • Kontrollieren Sie vor der Abfahrt Ihr Fahrzeug! (Abfahrtskontrolle bzw. Sicherheitschecks)
  • Benutzen Sie zur Kontrolle eine Taschenlampe!
  • Beachten Sie Ihre Eigensicherung!
  • Fahren Sie nicht weiter, wenn an Ihrem Fahrzeug eine Straftat begangen wurde oder wird!
  • Rufen Sie immer die Polizei, wenn Sie auf einem Parkplatz an Ihrem oder an einem benachbarten Fahrzeug Unregelmäßigkeiten feststellen!
  • Nehmen Sie, auch wenn es noch so verlockend ist, keine fremden Personen oder Sachen von Fremden mit!
  • Achten Sie darauf, dass Fremde bei Pausen oder Rasten nicht Ihre Gespräche mithören!
  • Lassen Sie niemals Wertgegenstände und wichtige Unterlagen bei Abwesenheit offen im Fahrerhaus liegen!

Wie ist vorzugehen, wenn ein Fahrer den Verdacht hat, dass sich jemand an seinem Fahrzeug zu schaffen gemacht hat?
Erstens: Nicht in den Gefahrenbereich gehen, Abstand halten!
Zweitens: Die Polizei anrufen! Darüber hinaus ist ein Gedächtnisprotokoll anzufertigen und das Unternehmen zu informieren.

Welche Fehler beobachten Sie in dem Zusammenhang?
Kriminalität rund um den Lkw ist ein großes Problem. Wir bewegen uns in dieser Problematik in einem großen kriminalistischen Dunkelfeld. Unternehmen, aber auch Fahrer melden häufig aus Image- und wirtschaftlichen Gründen, aus Unkenntnis, aber auch „weil man mit der Polizei nichts zu tun haben möchte“ Straftaten nicht weiter. Das bedeutet, dass sich kriminelle Strukturen über die Zeit verfestigen und seitens der Polizei keine Gegenwehr erwartet werden kann.

Frei nach dem Motto: „Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß!“ Dieses „Kopf in den Sand stecken“ ist grundlegend falsch! Wenn
Kriminalität rund um den Lkw bekämpft werden soll, müssen der Polizei alle Zwischenfälle gemeldet werden – Zeitverlust hin oder her.

Wie schätzen Sie die Perspektiven ein? Inwieweit werden sich kriminelle Banden stoppen lassen? Worauf kommt es dabei an?
Kriminelle müssen merken, dass Berufskraftfahrer und ihre Fahrzeuge keine leichten Opfer sind. Berufskraftfahrer ist ein hoch qualifizierter Beruf, der allen Fahrern rund um die Uhr professionelles Verhalten abverlangt. Dieses professionelle Verhalten muss auch nach außen hin sichtbar sein.

Kriminelle werden sich ungern mit Profis anlegen. Vor allem dann nicht, wenn auf einem Parkplatz die Profis in der Überzahl sind und sich arbeitsteilig zur Wehr setzen. Die Berufskraftfahrer müssen, miteinander und in Zusammenarbeit mit der Polizei, dafür Sorge tragen, dass die Kriminellen erwischt und zielführenden Strafverfahren zugeführt werden können. In solchen Fällen ist Repression auch Prävention!

Was erscheint Ihnen darüber hinaus erwähnenswert?
Mein Appell an alle Berufskraftfahrer lautet: Täglich beurteilen wir Menschen unzählige Male die Lage. Wir machen uns konkrete
Gedanken, wie, wo und was wir einkaufen, planen den Urlaub generalstabsmäßig durch, überlegen, was wir essen, wann und in welcher Kleidung wir das Haus verlassen und so weiter. Nur über die Sicherheit am Arbeitsplatz denken wir eher selten nach. Dort herrscht oftmals gefährliche Routine! Frei nach dem Motto: „Tausendmal gemacht – nie was bei gedacht. Außer vielleicht … Wird schon gut gehen!“ Beurteilen Sie als Berufskraftfahrer Ihre konkrete Sicherheitslage bei der Arbeit. Und wenn Sie dabei auf Risiken stoßen, ändern Sie das. Es geht in erster Linie um Ihr Leben und Ihre Gesundheit – und natürlich auch um Ihr Unternehmen!

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