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Ruheständler als Trucker anheuern – das klingt nach einem guten Rezept gegen den Fahrermangel. Doch gibt es aus rechtlicher Sicht dabei einiges zu beachten.

Arbeitgeber in der Transportlogistik spüren vermehrt eine besorgniserregende Entwicklung; ein erheblicher Anteil der Mitarbeiter im Fuhrpark wird in den nächsten Jahren in den Altersruhestand gehen. Gleichzeitig wird der Beruf des Kraftfahrers für jüngere Generationen immer unattraktiver. Das Fehlen von Fahrern kann dazu führen, dass Aufträge abgelehnt werden müssen, was den Umsatz und die Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigt.
Die Integration von Rentnern als Berufskraftfahrer oder die Weiterbeschäftigung von Mitarbeitern, die die Regelaltersgrenze erreicht haben, kann eine wirkungsvolle Maßnahme sein, um dem drohenden Fahrermangel entgegenzuwirken. Unternehmen profitieren von der Erfahrung und Flexibilität älterer Arbeitnehmer, während Ruheständler die Möglichkeit erhalten, ihre Rente aufzubessern und weiterhin aktiv am Berufsleben teilzunehmen. Eine einfache Win-Win-Situation könnte man meinen, gäbe es da nicht mehrere rechtliche Besonderheiten, die es zu beachten gilt.

Arbeitsverhältnisse enden nicht automatisch mit 67

Arbeitsverhältnisse enden nicht automatisch mit dem Erreichen der Rentenberechtigung, insbesondere auch nicht mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze. Es bleibt deshalb bei den arbeitsrechtlichen Beendigungstatbeständen, die üblicherweise in den Arbeitsverträgen vorgesehen sind. Die wichtigsten sind Kündigung, Aufhebungsvertrag und Ablauf einer Befristung. Welche Möglichkeiten bieten sich danach dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer?
Endet das Arbeitsverhältnis mit dem Zeitpunkt des Erreichens der Regelaltersgrenze und haben die beiden Vertragsparteien einen Fortsetzungswunsch, ist zunächst eine unbefristete Weiterbeschäftigung (entweder durch neuen Arbeitsvertrag oder durch Fortsetzung des durch eine Altersgrenze befristeten Arbeitsvertrags nach Befristungsablauf) möglich. Denkbar ist auch der Abschluss eines neuen, befristeten Arbeitsvertrags. Die Vereinbarung freier Mitarbeit dürfte bei Mitarbeitern in Transport- und Logistikunternehmen vor allem in Fuhrpark und Lager eher die Ausnahme sein.

Von den erwähnten Möglichkeiten entspricht die Befristung am ehesten den Interessen des Arbeitgebers. Sie vermeidet, dass das „neue“ Arbeitsverhältnis nur durch Kündigung (wobei für die arbeitgeberseitige Kündigung etwa wegen zunehmend häufiger Krankheit in der Praxis recht hohe Hürden bestehen), Aufhebungsvertrag oder Tod endet.

Rechtsunsicherheiten bei Befristungen

Befristungen bergen jedoch immer Rechtsunsicherheiten in sich. In diesem Fall kann, wenn für das Arbeitsverhältnis eine entsprechende Altersgrenze Anwendung findet, der für die Regelaltersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung vorgesehene Beendigungstermin auch mehrfach ohne weitere Sachgründe hinausgeschoben werden. Diese sehr befristungsfreundliche Ausgestaltung kommt Arbeitgebern entgegen, die an einer flexiblen Ausgestaltung von Altersgrenzen interessiert sind.
Um die sogenannte Altersbefristung auch rechtssicher zu vereinbaren, sind folgende Voraussetzungen zu beachten: Der bisherige Arbeitsvertrag beinhaltet die Reglung, dass mit Erreichen der Regelaltersgrenze das Arbeitsverhältnis endet. Noch während der Laufzeit des bisherigen Arbeitsvertrages wird die Verlängerung vereinbart. Die Verlängerung (Hinausschiebung des Beendigungszeitpunkts) betrifft lediglich den Beendigungszeitpunkt und nicht inhaltliche Änderungen.

Hinzuverdienstgrenzen sind entfallen

Der Gesetzgeber hat bereits zahlreiche Maßnahmen erlassen, um die Arbeit jenseits der Regelaltersgrenze zu fördern. Hierzu zählt zunächst der Entfall von Hinzuverdienstgrenzen. Bereits zum 1.1.2023 hat der Gesetz geber den vormaligen Grundsatz „Entweder Arbeit oder Rente“ gänzlich aufgegeben und die Hinzuverdienstgrenzen für Altersrenten vollständig entfallen lassen. Wird dabei die Rente nicht als Voll-, sondern nur als Teilrente bis zu 99,99 Prozent bezogen, bleiben den Beschäftigten insbesondere Kranken sowie Kurzarbeitergeldansprüche unverändert erhalten. Hierfür hat sich der Name „Münchner Modell“ etabliert

Verantwortung des Arbeitgebers

Neben der arbeits- und sozialrechtlichen Betrachtung der Beschäftigung, vor allem von Lkw-Fahrern jenseits der Regelaltersgrenze, ist die Verantwortung des Arbeitgebers für die körperliche und geistige Eignung seiner Fahrer nicht zu vernachlässigen. Höheres Alter allein genügt mitnichten zur Annahme der Nichteignung zum Führen eines Lkw.
Die mit höherem Alter regelmäßig verbundene Absinken sowohl der geistigen als auch der körperlichen Leistungsfähigkeit bietet ohne greifbare Ausfallerscheinungen keinen Anlass für den Kfz-Halter, die Eignung seines älteren Fahrers zum Führen von Kraftfahrzeugen infrage zu stellen.
Stellt der Arbeitgeber jedoch altersbedingt relevante Leistungsdefizite, motorische Einschränkungen, schwerwiegende Auffälligkeiten in der selektiven Aufmerksamkeit sowie dem Orientierungs- und Reaktionsverhalten fest, sollte er eine ärztliche Untersuchung – unabhängig von den regelmäßigen – einfordern.

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