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Wie verstehen und interpretieren Unternehmerinnen ihre Rolle im fordernden Alltagsgeschäft? Wo legen sie ihre Schwerpunkte Welche Eigenschaften betonen Managerinnen? Die Geschäftsführerinnen Petra Jung, Sabine Ebner-Stucke, Karola Bürger und Ellen Kördel-Heinemann äußern sich.
Petra Jung bringt es auf den Punkt: „Als Kraftfahrer tagelang unterwegs sein, als Disponent im Stress immer den Überblick behalten, als Unternehmer hart um Frachtpreise feilschen, als Lagerlogistiker mit dem begrenzten Raum jonglieren – in der Speditionsbranche sind Zeit, Geld und Platz immer knapp bemessen.“ Die Work-Life-Balance sei wohl in kaum einem anderen Beruf unausgeglichener. Warum also als Frau in der Logistik arbeiten?
Durch die Brille der Kasseler Unternehmerin betrachtet, fällt die Antwort auf diese Frage klar und eindeutig aus:
Ganz einfach. Weil wir als Jung Spedition ein in vierter Generation geführter Familienbetrieb sind. Wir sind anders als die Großen. Wir duzen uns, wir sind untereinander befreundet, der Lohn ist fair. Und wir achten darauf, dass unsere Mitarbeiter möglichst jeden Abend bei ihren Familien am Abendbrottisch sitzen können
Petra Jung
Wertschätzung ist der Nordhessin wichtig. Um die Gemeinschaft zu fördern, organisiert Jung regelmäßig im Sommer ein großes Grillfest für sämtliche Mitarbeiter und deren Angehörigen. „Auch bei persönlichen Problemen steht die Bürotür für ‚meine Männer‘ jederzeit offen. Für einen kurzen Plausch und eine Tasse Kaffee sind sie stets willkommen. Dafür muss die Buchhaltung auch schon mal warten“, macht sie die Prioritäten deutlich.
Ihren Führungsstil wissen die Fahrer zu schätzen. Jung sieht in der familiären Atmosphäre einen entscheidenden Grund, warum die
Mitarbeiter „gern bei uns arbeiten und wir eine geringe Fluktuation verzeichnen“. Insofern tue es der mitunter harten Logistikbranche gut, wenn Frauen in der Personalführung nicht zuletzt auf die sogenannten Soft Skills setzten. „Denn jeder Trucker hat einen weichen Kern“, beobachtet Jung.
Gespräche auf Augenhöhe
Das erlebt Sabine Ebner-Stucke ähnlich. Im Transportgeschäft, speziell im Holztransport, sei der Einsatz von Frauen, egal ob als Chefin oder Fahrerin, nach wie vor etwas Besonderes. Gemeinsam mit ihren beiden Brüdern führt sie das Familienunternehmen und dessen Geschäfte. Jeder setze sich mit seinen Stärken für den Erfolg ein.
Ihre Rolle fasst sie als „Mutter der Kompanie“ zusammen. „Bei Personalgesprächen, egal ob es um Einstellungen oder dringende Probleme geht, bringe ich meine weibliche Komponente ein“, berichtet Ebner-Stucke. Es gelte, sowohl Mitarbeitern als auch Kunden mit Empathie und dem passenden Feingefühl zu begegnen.

Überhaupt habe sich „der Kontakt zu unseren Kunden im Lauf der Zeit gewandelt“. Das Gespräch auf Augenhöhe mache, auch in schwierigen Zeiten, „die Zusammenarbeit immer wieder spannend“.
Werde oft um Rat gefragt

Die Stede GmbH führt Karola Bürger zusammen mit ihrem Mann und ihrem Sohn. Treten im Alltag Probleme auf, „so sprechen die Mitarbeiter in der Regel mich an“, erläutert die Unternehmerin. Auch mit Themen aus dem privaten Bereich wenden sich die Belegschaftsmitglieder an sie. Das gilt für positive wie negative Dinge. „Oft werde ich um Rat gefragt“, so die Lichtenfelserin. Sie fährt fort:
Ich bin der Meinung, dass Frauen die besseren Zuhörer sind. Dadurch können sie gute Beziehungen zu den Mitarbeitern aufbauen, was wiederum zu zufriedenem Personal führt.
Karola Bürger
Volle Verantwortung tragen
„In den 80er- und 90er-Jahren gab es in unserem Unternehmen keine klassische Rollenverteilung auf der Führungsebene. Jeder brachte sich mit seinen Fähigkeiten ein, wo er konnte und wo es brannte. Auch trug jeder für sein Handeln die komplette Verantwortung. Alle hatten das gleiche Ziel vor Augen: Wir wollten Erfolg“, berichtet Ellen Kördel- Heinemann.
Die Rollenverteilung änderte sich aus ihrer Sicht erst mit der Jahrtausendwende, als die dritte Familiengeneration nach und nach ins Unternehmen einstieg. Das Geschäftsvolumen war gewachsen, Verantwortung und Arbeitsmenge hatten zugenommen. Die Führungsebene entwickelte sich entsprechend den Fähigkeiten der Führungskräfte. Die Guxhagenerin unterstreicht: „Nach wie vor
erwarten wir von jedem Mitarbeiter bzw. jeder Mitarbeiterin, die volle Verantwortung für die jeweils getroffene Entscheidung zu übernehmen, vom Anfang bis zum Ende.“
In den Anfangsjahren sei ihr Haus relativ starr und streng geführt worden. Mit einem Wort: konservativ. Damit sei man damals gut
gefahren. „Heute sind wir flexibler geworden und der Neuzeit entsprechend aufgestellt“, so Kördel-Heinemann. Die Einführung schlanker Prozesse sowie die Digitalisierung hätten den Wandel vorangetrieben.
Die Erwartung an die handelnden Personen sei indes nach wie vor gleich; viel Selbstdisziplin sowie eine Menge Fach- und Sachwissen sei gefragt. Was das für weibliche Führungskräfte bedeutet?

Als Frau in der Logistik sollte man sicher und überzeugend, nachhaltig und mit viel
Ellen Kördel- Heinemann
Wissen auftreten.
´So könne man „erfolgreich agieren“. „Wer seiner Führungsrolle gerecht werden will, muss genug Vernunft besitzen, um die Aufgaben den richtigen Leuten zu übertragen, und genügend Selbstdisziplin, um ihnen nicht ins Handwerk zu pfuschen.“
Dieser Maxime folgend, hält es die Nordhessin mit Theodore Roosevelt. Der Gedanke habe sie bei vielen Entscheidungen begleitet.