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Auf den Hallendächern von Logistikimmobilien schlummern Schätze. Mit Photovoltaikanlagen auf dem Dach könnten Logistikunternehmen nicht nur ihren CO2-Fußabdruck reduzieren, sondern auch den sauberen Strom erzeugen, mit dem sie etwa eigene E-Fahrzeuge laden können.
Sie sind groß, flach und hoch: Viele Dächer von Logistikimmobilien eignen sich ideal zur Installation von Photovoltaikanlagen. Sie bringen eine entsprechende Größe mit, auf der PV-Module installiert werden. Sie haben die notwendige Höhe, um nicht durch andere Gebäude oder Bäume verschattet zu werden.
Und sie befi nden sich in der unmittelbaren Nähe von großen Stromverbrauchsquellen wie Hallenbeleuchtungsanlagen, Kühlung und Heizung, Wärmepumpen, automatisierten Logistikanlagen und möglicherweise elektrisch angetriebenen Lkw.
Inhaltsverzeichnis
Interview mit Georg Brenninkmeijer

Ein Transport- und Logistikunternehmer interessiert sich für eine Photovoltaikanlage – aber wie kommt er dazu? Von der Planung bis zum Betrieb übernehmen Anbieter wie Sunrock die Anlage. Was das konkret bedeutet, erklärt Georg Brenninkmeijer, Managing Director bei Sunrock Germany.
Was genau bietet Sunrock seinen Kunden an?
Wir sind Entwickler und Betreiber der Anlage, das heißt, wir übernehmen wirklich alles von A bis Z, also die Statikprüfung, Netzzusage und die Finanzierung, den Bau und den Betrieb der Anlage. Bei unserem Dachpachtmodell mieten wir die Dachfläche vom Besitzer der Immobilie, das heißt, wir zahlen eine Miete dafür. Wir stellen sicher, dass die Anlage ans Netz gehen kann und übernehmen auch Betrieb und Wartung.
Und falls der Mieter es erwünscht, können wir ihm auch den erzeugten Strom liefern. Dafür würden wir einen Stromliefervertrag, ein sogenanntes lokales Power Purchase Agreement, abschließen. Der Mieter ist nicht verpflichtet, den Strom zu beziehen, aber in der Regel ergibt es Sinn, da er durch den Entfall von Abgaben und Umlagen günstiger ist und es zudem grüner Strom ist, der auf die Umweltziele des Unternehmens einzahlt.
Welches andere Geschäftsmodell bieten Sie an?
Das andere wäre das Anlagenpachtmodell. Wenn der Unternehmer die Anlage selbst besitzen möchte, entwickeln und betreiben wir die Anlage, die Finanzierung hingegen kommt dann vom Unternehmer. Dafür würden wir dann die Anlage vom Immobilienbesitzer mieten und nicht das Dach. Alles weitere wäre wie beim Dachpachtmodell.
Eignen sich Photovoltaik-Anlagen auf dem Dach auch für mittelständische Logistikunternehmen?
Ich denke, Photovoltaik-Anlagen sind auf jeden Fall auch für mittelständische Unternehmen interessant. Wir gehen davon aus, dass eine PV-Anlage bis zu 60 Prozent des Stroms eines Logistik- oder Transportunternehmens decken kann – abhängig von Standort, Stromverbrauchsmustern und Witterungseinflüssen.

Welche Faktoren sind für die Eignung entscheidend?
Neben den harten Fakten wie Dachgröße, Statik und Sonneneinstrahlung spielt zum Beispiel auch eine Rolle, wer der Versicherer des Daches ist. Und dann gibt es noch unerwartete Faktoren. Wir haben kürzlich entdeckt, dass die Flugroute von Zugvögeln auch eine Rolle spielen kann. Diese werfen zwar nicht entscheidend viel Schatten aufs Dach, aber lassen Hinterbleibsel zurück, wegen denen die Module dann öfter gereinigt werden müssen.
Müssen Dachanlagen generell häufig gereinigt werden?
Im Prinzip nicht. Durch den Regen säubert sich die Anlage größtenteils allein. Was aber geregelt werden muss, ist, wie die Module gegebenenfalls von Schnee befreit werden.
Ab welcher Dachgröße ist eine PV-Anlage aus Ihrer Sicht sinnvoll?
Für uns als Entwickler und Betreiber ist eine Anlage ab 10.000 Quadratmeter Dachfl äche ein sinnvoller Business Case. Damit kann dann etwa eine Leistung von 1 Megawattpeak (MWp) installiert werden. Aber wenn der Portfolioansatz stimmt, berücksichtigen wir auch überkleinere Hallen. Derzeit installieren wir zum Beispiel für die Mercedes-Benz AG 20 MWp auf 18 Gebäudedächern, darunter auch einige kleinere Anlagen. Letztlich muss man sagen, dass eine Dachanlage aus Sicht von Transport- und Logistikunternehmen im Grunde immer Sinn ergibt, egal wie groß die Dachfläche ist.
Ist das Dach kleiner, kann man sich einen Partner suchen, der darauf spezialisiert ist. Es gibt auch lokale Unternehmen, die 100- bis 200-kWp-Anlagen bauen.
In welchen Regionen von Deutschland ist das Errichten einer PV-Anlage sinnvoll?
Wir bauen Anlagen in ganz Deutschland, von Kiel bis nach Bayern runter. Man muss davon ausgehen, dass zwischen Nord und Süd ein etwa zehnprozentiger Unterschied liegt, man also in Süddeutschland zehn Prozent mehr Strom erzeugen kann.
Daneben noch relevant ist die Ausrichtung des Daches. Wir bauen meistens in Ost-West-Ausrichtung, weil die Anlage dann besonders in den Morgen- und Abendstunden PV-Strommengen erzeugt, die für unsere Kunden besonders wertvoll sind.
Kann man die PV-Module nicht beliebig auf dem Dach platzieren?
Im Prinzip ja. Aber aus statischen Gründen kann es empfehlenswert sein, die Module an den Querbalken des Daches auszurichten.
Was gibt es denn generell bei der Statik des Daches zu beachten?
Bei der Planung führen wir eine unabhängige Statikprüfung durch, um die Sicherheit zu gewährleisten. Da sehen wir übrigens im internationalen Vergleich deutliche Unterschiede. In Deutschland sind die Dächer häufig stabiler als in südlichen Ländern, weil Hallen hier mit dem Gedanken an Schnee gebaut werden.
Inwieweit sollten Transport- und Logistikunternehmen die Elektrifizierung ihrer Flotte und die Anschaffung einer Photovoltaikanlage als zusammenhängend betrachten?
Definitiv ergeben integrierte Lösungen aus PV-Anlage plus Batteriespeicher plus Ladesäulen Sinn. Und das umso mehr, als auch durch Druck aus der Politik die Dekarbonisierung des Güterverkehrs weiter forciert wird. Ein Projekt, das PV-Anlage und Batteriespeicher kombiniert, haben wir bereits erfolgreich umgesetzt. Bei der Kombination mit intelligenten Ladelösungen würden bei E-Lkw, die zurück an die Rampe kommen, die Beladezeiten genutzt, um wieder die Batterie zu laden. Das geht nahtlos und ohne Unterbrechung.

Eine eigene Stromerzeugung erhöht letztlich auch die Autonomie von Unternehmen, richtig?
Absolut. Es ist klar, dass durch Automatisierung etwa in den Lagersystemen und die weitere Elektrifizierung von Antrieben der Stromverbrauch zukünftig steigen wird. Wie sich die Strompreise entwickeln, ist zwar nicht abzusehen. Aber klar ist, je mehr mehr Autonomie Transport- und Logistikunternehmer in Energiefragen haben, je mehr sie auch selbst zur Erfüllung von Klimazielen betragen, desto zukunftssicherer sind sie.
Die Fläche von Borkum
Nach einer Schätzung des Immobilienentwicklers JLL sind in den vergangenen zehn Jahren auf deutschen Logistikimmobilien etwa 50 Millionen Quadratmeter Dachfläche geschaffen worden. Davon eignen sich laut JLL circa 30 Millionen für die Installation von Photovoltaikanlagen – was ungefähr der Fläche der Nordseeinsel Borkum entspricht.
Photovoltaik-Anlagen stellen komplexe technische Aggregate dar. Grundsätzlich bestehen sie aus folgenden Komponenten:
- Photovoltaik-Module
- Unterkonstruktion
- Wechselrichter
- Netzanschluss
- ggf. Batteriespeicher
- ggf. Energiemanagementsystem
Die Unterkonstruktion wird auf dem Dach installiert, wichtig ist zuvor, die Statik abzuklären. Auf der Konstruktion werden die PV-Module montiert. Die Ausrichtung kann in Südrichtung für eine maximale Sonneneinstrahlung erfolgen oder in Ost-West-Richtung, um die Sonnenergie möglichst lange am Tag nutzen zu können. Für beide Arten gibt es Fürsprecher, Georg Brenninkmeijer vom Anbieter Sunrock etwa präferiert die Ost-West-Ausrichtung (s. Interview).
Große Anlagen tendenziell günstiger
Bis zu diesem Punkt der Anlage sprechen Experten von der DC-Seite (DC=Gleichstrom). Ab dem Wechselrichter, der den erzeugten Gleich- in den netzkompatiblen Wechselstrom (=AC) umwandelt, spricht man von der AC-Seite. Diese beinhaltet dann den Netzanschluss und gegebenenfalls einen Batteriespeicher und ein Energiemanagementsystem. Wird eine Anlage größer dimensioniert, wächst diese AC-Seite nicht im gleichen Maße mit, da Wechselrichter und Netzanschluss oft effizienter skaliert werden können. Eine größere Anlage ist also relativ gesehen günstiger. Hindernisse auf dem Weg zur Anschaffung einer PV-Anlagen sind vornehmlich finanzieller und planerischer Natur.
Natürlich stellt die Anschaffung eine Investition dar. Jedoch wird in der Branche davon ausgegangen, dass tendenziell sinkende Preise eine schnellere Amortisation ermöglichen. Außerdem steigert die PV-Anlage den Wert der Immobilie. Und für solche Investitionen in Nachhaltigkeit können gegebenenfalls auch Förderungen von Bund oder Land in Anspruch genommen werden.
Das eigene Dach vermieten
Daneben gibt es auch Geschäftsmodelle mit Partnerunternehmen, welche die vollständige Investition, Planung und den Betrieb übernehmen und vom Hallenbesitzer lediglich die Dachfläche mieten (s. Interview). Bei solch einem Modell entfallen für den Unternehmer auch sämtliche Planungs- und Genehmigungsschritte. Bei den Pro-Argumenten sind sicher der Energiepreis und die Versorgungssicherheit zu nennen. Mit selbstproduziertem Strom können Unternehmen ihre Energiekosten senken und sind unabhängig von den Preisschwankungen auf dem freien Markt.
Sauberer Grünstrom
Noch deutlicher ins Gewicht fallen Nachhaltigkeitsaspekte. Immer mehr Unternehmen wollen oder müssen infolge gesetzlicher Auflagen ihren Beitrag zum Umweltschutz leisten. Mit PV-Anlagen erzeugte Energie ist sauberer Grünstrom, der hilft, den CO₂- Fußabdruck von Unternehmen zu senken. Durch integrierte Lösungen mit elektrisch angetriebenen Lkw, energiesparenden Beleuchtungssystemen und effizienten Energiemanagementsystemen kann dieser Effekt noch gesteigert werden.
Bei der Neuerrichtung gewerblicher Bauten könnte überdies die Installation einer PV-Anlage verpflichtend werden. Die Bundesländer handhaben dies unterschiedlich, in Baden-Württemberg und Hamburg etwa ist dies heute schon vorgeschrieben.
Strom erzeugen am Rande der Autobahn
Auch am Rande des Autobahnnetzes kann grüner Strom erzeugt werden. Die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) hat im Auftrag des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) eine Potenzialanalyse zum Ausbau von Photovoltaikanlagen an Bundesfernstraßen erstellen lassen.
250.000 potenziell geeignete Flächen für solare Energiegewinnung an den Bundesfernstraßen hat die Analyse identifiziert. Auf diesen Flächen ergebe sich ein erschließbares Gesamtpotenzial an Strom von 30 bis 55 GWp. Das entspricht in etwa dem jährlichen Stromverbrauch von 6000 bis 12.000 Vier-Personen-Haushalten.
Das in der Analyse identifizierte Gesamtpotenzial verteilt sich auf vier unterschiedliche Möglichkeiten, PV-Anlagen zu installieren:
- Straßenbegleitflächen, also die Grünflächen entlang der Autobahnen: 23–49 GWp
- Lärmschutzwälle: 3–4 GWp
- Lärmschutzwände: 0,5–0,6 GWp
- Gebäude wie Rastanlagen, Gastronomie-, Toiletten, Tankstellen: 0,13–0,14 GWp
Das Ministerium will die aufgezeigten Potenziale nutzen, indem es bei der Planung von Neu- und Ausbauten von Bundesautobahnen zukünftig immer prüft, inwieweit die zugehörigen Flächen für PV-Anlagen genutzt werden können. Privatwirtschaftliche Akteure, etwa Besitzer von Tankstellen oder Raststätten können die Analyse ebenfalls nutzen, um die Möglichkeiten zu prüfen, PV-Anlagen auf Dächern etc. zu installieren.
Besonders effizient sind dabei laut der Analyse solche Installationsmöglichkeiten, die eine gute zeitliche Übereinstimmung zwischen Erzeugung und Verbrauch ermöglichen, bei denen also der erzeugte Strom gleich wieder etwa an E-Fahrzeuge abgegeben wird. Damit erübrigen sich Fragen von Speicherung oder Netzeinspeisung.