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Der Internationale Frauentag oder auch Weltfrauentag, jedes Jahr am 8. März, steht für die Gleichberechtigung der Frauen auf der gesamten Welt. Der HVS hat 2023 dieses Datum zum Anlass genommen, erfolgreichen Frauen ein paar Fragen zu stellen.
Christine Hemmel (Spedition Hans Adam Schanz GmbH & Co. KG)
Sie haben sich 2015 selbstständig gemacht, mit welchen Schwierigkeiten hatten Sie zu kämpfen?
Als ich mich zusammen mit meiner Schwester selbstständig gemacht habe, haben wir die Firma unseres Vaters übernommen. Die Akzeptanz innerhalb des Unternehmens war sofort da, die Akzeptanz der Kunden mussten wir uns aber erst erarbeiten. Frauen in Führungspositionen sind immer noch selten. Und haben sie identische Positionen oder Aufgabengebiete wie Männer, werden sie häufig schlechter bezahlt.
Was denken Sie, warum das im 21. Jahrhundert immer noch so ist?
Wahrscheinlich treten Männer in Gehaltsverhandlungen selbstsicherer auf und setzen ihre Forderungen höher an. Es muss akzeptiert werden, dass Frauen eben anders sind. Sie müssen dennoch als gleichberechtigte Kollegen angesehen werden. Es ist so wichtig für ein Unternehmen, eine Vielfalt von Kompetenzen und Perspektiven in die Unternehmensführung zu bekommen. Firmen mit Frauen in der Unternehmensführung sind sogar oft erfolgreicher, da weibliche Führungseigenschaften wie Empathie und Hilfsbereitschaft immer mehr an Bedeutung gewinnen und heutzutage Unternehmenskultur, Wertschätzung und Work-Life Balance immer wichtiger werden.
Was müsste aus Ihrer Sicht getan werden, damit Frauen im Berufsleben ein besseres „Standing“ erhalten?
Ein gesellschaftlicher Bewusstseins- und Rollenwandel ist notwendig. Frauen schrecken oft vor Führungspositionen zurück, da sie als Frau mehr leisten müssen und häufig auch einem höheren Erwartungsdruck ausgesetzt sind. Wir haben es geschafft, Familie und Beruf so zu organisieren, dass kein Bereich zu kurz kommt.
In den Bereichen Logistik, Transport und Verkehr lag der Frauenanteil 2017 bei 20,7 Prozent.
Klammert man den Bereich der Fahrzeugführer/-innen aus, beläuft sich der Anteil weiblicher Beschäftigter in der Branche auf 28,7 Prozent. Innerhalb der Top 100 der deutschen Logistikunternehmen findet sich nur bei 18,6 Prozent der Unternehmen eine Frau in der Geschäftsführung.
Angela Dorn (Hessische Ministerin für Wissenschaft & Kunst)
Weltfrauentag ist am 8. März – hat dieser Tag eine besondere Bedeutung für Sie?
Der 8. März ist für mich kein Tag, an dem ich Blumen erwarte, sondern an dem ich über Feminismus nachdenke. Ich habe drei Töchter: Mein Ziel ist es, sie zu starken, unabhängigen, verantwortungsbewussten jungen Frauen zu erziehen – und ja, auch zu Feministinnen. Die Gleichstellung aller Menschen, der Einsatz gegen Sexismus und gegen Diskriminierung sollte nicht nur am 8. März ein Thema sein, aber er ist ein Anlass, solchen Themen Aufmerksamkeit zu schenken.
Frauen in Führungspositionen sind immer noch selten. Und haben sie identische Positionen oder Aufgabengebiete wie Männer werden sie häufig schlechter bezahlt. Was denken Sie, warum das im 21. Jahrhundert immer noch so ist?
Darüber haben viele kluge Köpfe schon viel herausgefunden. Als Wissenschaftsministerium fördern wir die Forschung zu solchen Themen, weil es nicht so sehr meiner Meinung bedarf, solche Missstände endlich zu beheben, sondern wissenschaftliche Erklärungen und Lösungsvorschlägen.
Fakt ist: Es gibt eine Lücke, ein Gender Pay Gap. Frauen arbeiten häufiger in personennahen und in sozialen Dienstleistungen, die schlechter bezahlt werden als beispielsweise technische Berufe. Sie sind es meist, die ihre Arbeit für die Familie unterbrechen und beim anschließenden Wiedereinstieg oft auf Teilzeit oder Minijobs ausweichen müssen, um Familie und Beruf vereinbaren zu können. Eigentlich längst überwunden geglaubte Rollenstereotype wirken überall weiter, von der Berufswahl über die Entscheidung zwischen Familie und Beruf bis zur Besetzung von Stellen und der Bewertung von Leistungen.
Was müsste aus Ihrer Sicht getan werden, damit Frauen im Berufsleben ein besseres „Standing“ erhalten?
Ein großes wichtiges Thema ist die Vereinbarkeit von Beruf und Familie – was ganz nebenbei auch den Vätern hilft. Wir haben als Landesregierung mit dem Gleichberechtigungsgesetz die Chancen von Frauen in der öffentlichen Verwaltung verbessert. Solche
Schritte sind auch in der Wirtschaft wichtig, um die Benachteiligung zu beenden. So wie wir an unseren Hochschulen Professorinnen fördern, braucht es in Firmen ebenfalls mehr Unterstützung für Frauen in Führungsrollen. Wir als Politik sollten das noch stärker unterstützen.
ZAHLEN, DATEN, FAKTEN ZUM WELTFRAUENTAG
Erstmals wurde ein Frauentag am 19. März 1911 in Dänemark, Deutschland, Österreich-Ungarn und der Schweiz gefeiert. Entstanden ist dieser Tag in einer Zeit, in der Frauen um Gleichberechtigung, und um ihr Wahlrecht kämpften. 1921 legte ein Beschluss der Zweiten Internationalen Konferenz kommunistischer Frauen in Moskau den Tag auf den 8. März. Auch über 100 Jahre später werden Frauen weltweit nach wie vor benachteiligt und nicht gleich wie Männer behandelt. Das gilt für sämtliche Lebensbereiche – politische, wirtschaftliche, kulturelle und auch soziale.