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Sie liegt allen Beteiligten am Herzen: möglichst CO2-neutral, zuverlässig schnell und kosteneffizient soll sie sein, die berühmte Letzte Meile. Zudem wird sie immer wichtiger: Die Online-Bestellung bleibt beim Verbraucher hoch im Kurs.
Berlin, Hamburg, Hanau, Darmstadt … In der Großstadt sowieso, aber auch in Mittelstädten ist KEP-Spezialist DPD Deutschland immer häufiger mit Mikrodepots vertreten. Das Unternehmen hat sich auf die Fahnen geschrieben, bis 2025 in 225 Städten die emissionsarme Letzte Meile einzuführen. Im Liefergebiet könnte dadurch der eigene CO2-Ausstoß laut DPD um bis zu 89 Prozent sinken – dank alternativer Zustellmethoden und lokal emissionsfreien Antrieben.
Die Notwendigkeit „grünerer“ Lösungen ist augenfällig: Mit den Corona-Lockdowns nahm die Dynamik der Online-Bestellungen deutlich Fahrt auf. Pandemie-getrieben bestellte auch im Internet, wer bis dahin primär auf den lokalen Handel gesetzt hatte – und möchte den Komfort heute nicht mehr missen. Bei der Fülle der Online-Angebote erhält darüber hinaus oftmals derjenige Händler den Zuschlag, der Same- oder zumindest Next-Day Delivery anbieten kann.
Schnell, leise, sauber
Schnell muss es gehen, leise und sauber dazu, das erwarten nicht nur die Verbraucher. Auch Gesetzgeber und Behörden legen die Messlatte immer höher. Erschwerend kommt die wachsende Verkehrsdichte hinzu – wie also Ware und Kunde zusammenbringen?
Oliver Wissel, Director European Logistics & Industrial Advisory bei BNP Paribas, schlägt deshalb zum Beispiel vor, Netzwerke zu schaffen und zu stärken: „Ein Ziel wäre meiner Meinung nach auch, dass Logistik- und KEP-Unternehmen ihre Mitarbeitenden-, Fahrzeug- und Depot-Kapazitäten miteinander teilen und somit ein gemeinsames Netzwerk bilden. Damit könnten Waren an gemeinschaftlich betriebene Lager geliefert und bearbeitet werden, um dann gebündelt von dort aus mit voll ausgelasteten Fahrzeugen in die Stadt zu fahren – am besten zu gemeinschaftlich betriebenen Packstationen oder Pickup-Stores.“
Schiene statt Straße?
Die könnten zum Beispiel auf der Schiene beliefert werden. In Dresden etwa hat VW das schon vorgemacht. Das dortige Werk ist verkehrskritisch gelegen, weshalb wesentliche Teile der Zulieferung über eine Lasten-Straßenbahn abgewickelt werden. Für Frankfurt hat die Frankfurt University of Applied Sciences die Studie „LastMileTram“ veröffentlicht. Gemeinsam mit der VGF und Hermes wurde dazu ein Pilotprojekt durchgeführt, das zeigt: Technisch ist das Projekt absolut durchführbar und könnte für die untersuchte Lieferregion 89 Zustellfahrzeuge einsparen. Die Feinverteilung übernehmen dann Lastenräder. Weniger günstig fällt die Analyse von Lieferzeit und Kosten aus: Bei beiden Kriterien fällt die Kombination Straßenbahn/Lastenrad hinter die klassische Zustellung zurück. Eindeutig ist jedoch die Öko-Bilanz: Der Wechsel der Verkehrsträger würde 57 Prozent der CO2-Emissionen einsparen.
Seit anderthalb Jahren erfolgreich aktiv ist der DPD Store in Berlin: Beim Wettbewerb „Store of the Year 2023“ des Handelsverbandes Deutschland e.V. belegte er in der Kategorie „Concept Store“ den zweiten Platz. Kunden im Einzugsgebiet können sich ihre Bestellungen direkt in den Store liefern lassen, dort ganz entspannt anprobieren und – bei Nichtgefallen – ganz problemlos sofort die Retoure in die Wege leiten. Kartons werden nicht entsorgt, sondern für die nächsten Lieferungen weiterverwendet. Integriert in die Betriebsfläche ist ein Mikrodepot, von dem aus Pakete mit dem E-Lastenrad verteilt werden.
Die Lieferkette in eigener Hand
Einer großen Aufgabe hat sich auch HelloFresh gestellt. Nachdem dem Berliner Unternehmen ein Logistikpartner weggebrochen war, hat sich HelloFresh darangemacht, ein Liefernetzwerk komplett in Eigenregie aufzubauen. Mit dieser Investition will HelloFresh gerade auch die Letzte Meile optimieren. Ziel ist eine zuverlässigere Zustellung zum angegebenen Zeitpunkt und gleichzeitig mehr Flexibilität, weil zusätzliche Liefer-Zeitfenster und Liefertage angeboten werden können. Nils Herrmann, Geschäftsführer DACH von HelloFresh: „In nur zehn Wochen haben wir es geschafft, ein eigenes Netzwerk aufzubauen, von der Suche, Anmietung und Organisation der Depots, bis hin zur Entwicklung einer eigenen App für die Fahrer.“
Gestern noch Next-Day Delivery, heute schon Same-Day Delivery: Tempo ist im Onlinegeschäft Trumpf – und zugleich steigt die Notwendigkeit einer „grünen” Logistik. Auch ungewöhnliche Lösungen werden geprüft, etwa die Lasten-Straßenbahn.
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Immer mehr Lastenräder mit Elektromotor übernehmen klassische Transporteraufgaben. Das funktioniert, wenn es gelingt, entsprechende Mikrodepots aufzubauen.
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AM BESTEN IN EINE HAND
Eine Studie des Landes Berlin belegt erstmals wissenschaftlich: Mikrodepots entlasten die Umwelt. Ihr volles Potenzial spielen sie aber nur aus, wenn die öffentliche Hand und private Unternehmen gemeinsam agieren. Wesentliche Punkte der Studie: 45 der 55 untersuchten Planungsräume mit hohem Potenzial hätten noch keine Mikrodepots. Allerdings stünde auch nicht überall eine entsprechende Fläche zur Verfügung. Gerade in diesem Punkt sei ein Mix aus privatem und öffentlichem Engagement wünschenswert.