Credit: Heinrich Brückmann Transportunternehmen e. K.

Von hier aus fährt an einem späten Januarabend Ruben Lehmann, Fahrer bei Heinrich Brückmann Transportunternehmen e. K., über Frankfurt nach Stuttgart. Diese Zeit nutzt er gern, um mit dem HVS über seine Erfahrungen und Erlebnisse seit Ausbruch der Pandemie zu berichten. Der gelernte Gas-Wasser-Installateur finanzierte sich mit seinen 21 Jahren seinen Lkw-Führerschein selbst, war dann einige Jahre im Fernverkehr unterwegs und fuhr ein Jahr lang Taxi bei seinen Schwiegereltern, bevor er bei der Firma Heinrich Brückmann Transportunternehmen anheuerte. Mittlerweile ist Lehmann seit zwanzig Jahren für das nordhessische
Transportunternehmen tätig. Meist beliefert er Privatkunden im Baustoffbereich.

Lachen verbindet

Diese Privatkunden seien genauso freundlich oder eben auch unfreundlich wie vor der Pandemie. Auf den Bauhöfen herrsche nach wie vor ein angenehmes Klima. „Da ist mal Zeit für ein Schwätzchen und man lacht zusammen. Doch leider geht es teilweise auch anders zu. Je größer das Unternehmen, desto geringer ist die Wertschätzung gegenüber dem ankommenden Fahrer. Da wird nicht mal gegrüßt“, greift Lehmann auf seine Erfahrungen zurück. Dennoch macht der erfahrene Trucker seinen Job sehr gern:

Neben der Abwechslung und den vielen positiven Erlebnissen während seines Arbeitstages, fühlt er sich im Betrieb wohl: „Bei Brückmann geht es sehr sozial und familiär zu!“ An den ersten Lockdown erinnert er sich ungern. „Das war schon eine Herausforderung, wenn ich beispielsweise nach Stuttgart gefahren bin. Es war ja alles zu! Wenn man sich nicht von Zuhause etwas zum Essen mitgenommen hat, gab es nur McDonalds“, seufzt Lehmann.

Ein bisschen NormalitätP

In seiner Freizeit engagiert sich Lehmann übrigens bei der Freiwilligen Feuerwehr. „Bei Einsätzen – von Lutterberg bis Kassel – Abstand einzuhalten, ist völlig unmöglich“, erklärt Lehmann. „Aber klar, da wo es möglich ist, hält man natürlich Abstand. Ich fand es auch völlig in Ordnung, dass jeder zweite Tisch in den Raststätten gesperrt war. Wichtig war, dass wir überhaupt wieder eine Anlaufstelle hatten.“ In der Regel unternimmt Lehmann nur Tagestouren. Doch etwa dreimal im Monat ist er bundesweit unterwegs und übernachtet dann im Lkw. Zu diesen Auswärtsfahrten gehört auch ein Feierabendbierchen im Rasthaus.

An einem Rasthof sagte mir die Bedienung doch tatsächlich, dass sie wegen CoCorona nur alkoholfreies Bier ausschenken dürfe“,
erinnert sich Lehmann schmunzelnd und hofft, dass sich diese Zeiten bald wieder ändern. Kaum ist unser Telefoninterview mit Ruben Lehmann beendet, meldet sich Björn Anacker. Auch er ist gerade auf dem Weg nach Stuttgart. Der gelernte Mechatroniker fährt seit 2017 für die Firma Heinrich Brückmann Transportunternehmen.
Den Wechsel von der Werkstatt in die Fahrerkabine hat er nie bereut. „Gerade jetzt nicht! In meinem Job als Lkw-Fahrer erlebe
ich etwas, komm‘ raus, hab‘ Abwechslung und auch mal andere Kontakte. Es tut gut, andere Leute zu sehen!
“ unterstreicht
Anacker seine Entscheidung.

Freie Bahn

Anacker hat den Eindruck, dass der Zusammenhalt unter den Fahrern seit dem zweiten Lockdown besser geworden ist. Der Empfang bei Firmenkunden sei immer noch freundlich, wenn auch meistens keine Unterschriften auf Lieferscheinen mehr eingeholt werden können und dadurch der übliche Plausch ausfällt. Dennoch trifft der junge Mann immer wieder auf helfende Hände, die beim Abladen der Ware unterstützen. An den ersten Lockdown erinnert er sich wie sein Kollege Lehmann mit
Grauen zurück. „Anfangs war alles neu und ungewiss. Für uns Fahrer war es wirklich blöd, dass alles geschlossen war. Zum Glück wurde diesbezüglich nachgebessert“, so Anacker und berichtet, dass es in der ersten Zeit schon merklich ruhiger auf den Straßen war.
Das führte zu einem positiven Nebeneffekt: Das Fahren auf der Autobahn war deutlich entspannter. Von seinem Arbeitgeber fühlte und fühlt sich der Fahrer gut in dieser besonderen Zeit betreut.

Man kann das alles nicht ändern:
Wir müssen das Beste draus machen und gemeinsam durch diese Pandemie


Familienbetrieb: Mehr als nur ein Wort

Ralf Brückmann fehlt der persönliche Kontakt zu Björn Anacker, Ruben Lehmann und seinen weiteren 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. „Vor der Pandemie habe ich mit jedem Mitarbeiter sicherlich einmal pro Woche persönlich gesprochen, wenn auch nur kurz. Seit Corona holen sich die Fahrer den Auftrag ab und machen sich dann gleich auf den Weg“, berichtet der gelernte Speditionskaufmann.

Seit 1987 ist Brückmann im elterlichen Betrieb tätig, 2000 übernahm er von seinem Vater Heinrich die Firmenleitung. „Wir waren schon immer ein Familienbetrieb und dazu gehört eben auch eine soziale Bindung zu den Angestellten. Da tauscht man sich auch über das vergangene Wochenende oder den bevorstehenden Urlaub aus.
Zuletzt drehten sich die Gespräche jedoch vor alle um Corona und die Einhaltung der Maßnahmen. „Dieses Maßregeln gefällt mir gar nicht: ‚Steht nicht so dicht zusammen!‘, ‚Wo ist Eure Maske?‘… Doch ich sage den Fahrern, wenn sich die in Berlin daran halten,
dann tun wir das auch! Das sind dann Gespräche, die man nie führen wollte. Aber ich habe ja auch eine Fürsorgepflicht gegenüber meinen Mitarbeitern und unseren Kunden!
“ so Brückmann weiter.

Besondere Situationen erfordern Kreativität

Um den Corona-Maßnahmen gerecht zu werden, hat sich der Unternehmer einiges fallen lassen: Der Eingangsbereich wurde mit Infomaterial ausgestattet, in der Dispo wurden die Schreibtische mit Trennwänden beziehungsweise mit Plexiglasscheiben getrennt, im gesperrten Sozialraum hängt nun ein Monitor mit den Aufträgen, provisorisch wurden zwei Carports errichtet, um eine überdachte Wartezone zu haben und ein Fenster im Büro der Dispo dient sozusagen als Tresen.

Außerdem verteilte Brückmann vor dem zweiten Lockdown Beutel mit Masken, Desinfektionstüchern und -gel sowie einer Unterweisung. Viele Mitarbeiter haben sich dafür bedankt.
Jedoch kam diese Aktion nicht bei allen gut an. Ein Schreiben erhielt Brückmann zurück – mit der Frage: ‚Schämt Ihr Euch nicht für diesen Nonsens?‘ „Anfangs waren die Fahrer noch sehr flexibel und offen für alle Maßnahmen. Doch diese Offenheit wandelt sich mehr und mehr. Viele sind verdrossen und haben als Lebensmittelpunkt nur noch die Arbeit. Kein Wunder, dass die Zündschnur bei dem einen oder anderen kürzer wird“, erklärt Brückmann. Doch den Nordhessen treibt nicht nur die Sorge um die Sicherheit seines Umfeldes, sondern selbstverständlich auch die Entwicklung der Auftragslage um.

Die Firma ist vor allem regional tätig, nur zehn Prozent aller Fahrten sind Touren, die darüber hinausgehen. Ob Brückmann
einen Auftrag erhält, ist auch davon abhängig, ob der Auftraggeber wiederum selbst zu einem Auftrag kommt und eine Transportdienstleistung benötigt. Der Industriebetrieb baut keine neue Lagerhalle?
Folglich wird das Transportunternehmen auch nicht gebucht, um Material zur Baustelle zu liefern. Durch Telefonakquise konnte der Firmeninhaber im vergangenen Jahr vier neue Kunden hinzugewinnen.

Wir sind jetzt noch breiter aufgestellt, fahren jetzt auch für Bereiche, die vor der Pandemie nicht zu unserem Portfolio zählten.

Zum langjährigen Portfolio gehört neben der Baustellenversorgung unter anderem auch der Transport von Seecontainern. Da
in den ersten Wochen der Krise allerdings kaum Container aus China kamen, lag dieser Geschäftsbereich. Die von der KRAVAG-Versicherung angebotene Ruheversicherung hat dem Unternehmen in der ersten Zeit sehr geholfen. „Es war gut, dass
wir einige Lkw abmelden konnten. Wir haben dann die Fahrer anders auf die Fahrzeuge aufgeteilt. Das war zwar organisatorisch ein höherer Aufwand, hat sich aber dennoch gelohnt.

Corona-Prämie als Dankeschön

Insbesondere kurzfristige Aufträge sind eine Herausforderung – auch unabhängig von Corona. Diesbezüglich ist Brückmann froh, dass er auf seine Mitarbeiter zählen kann. Da erfolgt dann auch mal ein Anruf am Sonntagnachmittag, ob der Fahrer am Abend noch einen Kühltransport übernehmen kann. Diese Zuverlässigkeit und Flexibilität wurden vom Firmenchef honoriert. „Wir haben den Mitarbeitern als Dankeschön die Corona-Prämie ausgezahlt.

Die Kosten sind überschaubar und es ist schön, wenn bei den Angestellten solch eine Zusatzleistung zu 100 % ankommt – beim Weihnachtsgeld bleibt ja nicht alles hängen
“, zeigt sich Brückmann zufrieden. Der Dank wurde der Belegschaft zusätzlich in einem Brief mit persönlichen Worten gezollt. Dazu gab es noch einen Kalender mit eigenen Lkw-Motiven, eine Jacke, Kugelschreiber und
Feuerzeug sowie eine Schachtel Merci. Fast allen konnte Brückmann das Weihnachtspaket persönlich – wenn auch mit Abstand – überreichen.

Es war mir sehr wichtig, Dankbarkeit und Zuversicht zu signalisieren.

Nach einem kleinen Tief im Frühjahr haben wir uns wieder erholt – auch, weil der Zusammenhalt stimmt“, ist sich Brückmann sicher. Mehr Zusammenhalt und Zuversicht würde er sich auch von der Politik hinsichtlich der Corona-Pandemie wünschen. Insbesondere in Sachen Kommunikation sieht Brückmann Verbesserungsbedarf.

Apropos Kommunikation:
Brückmann ist Mitglied im Landesverband Thüringen des Verkehrsgewerbes (LTV) e. V. und erfreut darüber, dass der LTV aus den
jeweiligen Verordnungen eine verständliche Inhaltsangabe über ein, zwei Seiten zur Verfügung stellt.

Back to the roots

Man freut sich jetzt mehr über Kleinigkeiten“, stellt Brückmann fest. Zu diesen Kleinigkeiten gehören auch Freizeitaktivitäten in der Natur. Mit seiner Frau und den drei Kindern, die 13-Jährige im Distanzunterricht und den beiden zeitweise wieder zu Hause gestrandeten (Ausbildung / Uni im Home Office) „Großen“, war Brückmann an fast jedem Wochenende unterwegs und hat in und um Kassel Ecken entdeckt und wieder entdeckt.
Wir haben uns viele Ziele erwandert und erradelt, die Freizeit an den Wochenenden und auch abends intensiv genutzt und mit anderen Augen gesehen und erlebt“, resümiert Brückmann und fängt an zu lachen:
An einem Tag war es so heiß, da waren wir doch tatsächlich in der Fulda schwimmen! Das habe ich vielleicht zuletzt vor 30 Jahren gemacht.

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