Credit: Privat

Das nordhessische Diemelstadt, erst 1970 aus dem Zusammenschluss mehrerer Orte als neue Stadt entstanden, gilt als Eingangstor zum Waldecker Land: Von hier aus lassen sich viele Ausflüge planen – ganz gleich, ob es ins Sauerland oder ins Nationalpark-Zentrum Kellerwald, zum Edersee oder zum Diemeltaler Schmetterlings-Steig gehen soll. Auch Diemelstadt selbst hat geschichtsträchtige Orte, für die sich ein Besuch lohnt. Und so ist es kein Wunder, dass neben Lkw-Fahrern und Pendlern auch viele
Tagesgäste einen Stopp am SVG-Autohof Diemelstadt einlegen.

Beispielsweise, um zu tanken: Mit seiner zwölfköpfigen Mannschaft betreut Rainer Wohlhöfner die Shell-Tankstelle und den dazugehörigen Shop vor Ort. „Ich liebe die Reisegastronomie. Die Kombination aus Tankstelle und gastronomischem Betrieb hat mich schon immer fasziniert“, betont der Unternehmer. Neben seinem Engagement in Diemelstadt ist Wohlhöfner auf den Autohöfen Breuna, Nempitz/Bad Dürrenberg (A9), Bergbad-Schreiben (A9) sowie Bakum/Vechta (A1) aktiv. Rund 1.000 Kunden steuern normalerweise die Location im äußersten Nordwesten Hessens pro Tag an. In der Woche überwiegen die Lkw-Fahrer, am Wochenende sind es die Privatreisenden. Ein besonderes Augenmerk legt Wohlhöfner auf die Sauberkeit und betont: „Die sanitären Anlagen werden von unserem Personal rund um die Uhr betreut!“. Und das sieht man – die Anlagen sind sehr gepflegt.

Große Auswahl lässt Truckerherzen höherschlagen

Auch das Sortiment im Shop kann sich sehen lassen: Neben Schuhen und Kleidung umfasst dieses auch Handys samt Zubehör und kleinere elektronische Artikel sowie Blinklichter, Fähnchen und andere dekorative Dinge. Im Back-Shop gibt es durchaus schon mal frische Waffeln mit Vanille-Eis, wie der Chef verrät. Doch nicht nur Reisende und Lkw-Fahrer steuern die Tankstelle auf dem Diemelstädter Autohof an:

Anhänger des blauen Dunsts kommen hier voll auf ihre Kosten. Denn neben vielfältigen Tabakprodukten enthalten die Auslagen alles, was Schischa-Fans lieben. Sowohl gängige als auch ausgefallene Artikel finden sich hier. „Menschen aus der gesamten Region kommen zu uns und decken sich ein“, erläutert der 52-Jährige.

Vom Wiwi-Studenten zum Gastronomen

Wer mehr als nur einen Snack verspeisen möchte, für den ist das benachbarte Rasthaus der richtige Anlaufpunkt. Unter normalen Umständen hat dieses täglich 24 Stunden geöffnet. Doch was ist in diesen Zeiten schon normal? Fritz Bremer, ein Gastronom mit Leib und Seele, führt seit bald zwei Jahrzehnten das Diemelstädter Rasthaus. 250 Sitzplätze stehen zur Verfügung, 40 weitere im Außenbereich. Bremer kam auf Umwegen zu seiner Tätigkeit: Während seines Studiums der Wirtschaftswissenschaften eröffnete er einen rollenden Imbiss, den er gemeinsam mit seiner Cousine betrieb, um sein Studium zu finanzieren.
Aus diesem Geschäftsfeld entwickelte sich dann immer mehr. Schließlich entschied er sich, eine Ausbildung zum Koch zu absolvieren. Dieser Einsatz hat sich gelohnt, denn neben dem Rasthaus betreibt Bremer die Bauernhof-Gastronomie Hof Huxmühle sowie das Restaurant Zum Krug in Diemelstadt. Das Besondere: Alle drei Betriebe eignen sich für größere Feierlichkeiten. So stehen beispielsweise auf dem Autohof zwei Tagungsräume zur Verfügung, die jeweils Platz für bis zu 40 Personen bieten. Bei Bedarf können diese durch eine Schiebetür miteinander verbunden werden und bieten dann entsprechend
doppelt so viel Kapazität. Eine der beiden Räumlichkeiten hat zudem einen Zugang zu einer schönen Terrasse. Dieses Angebot wurde rege genutzt, so dass fast an jedem Wochenende eine andere Feier auf dem Autohof stattfand.


Restaurant an der A44

Doch seit nun bald einem Jahr ist es auch in Diemelstadt still geworden. Bremer gibt zu, dass ihm diese Situation durchaus zu schaffen macht und er sich freut, wenn die „Hütte“ bald wieder voll sein darf. Als er das Rasthaus zur Jahrtausendwende übernahm, herrschte wenig Betrieb im Gastraum.
Doch nach und nach mauserte sich das Restaurant. „Seit gut zehn Jahren kommen viele Gäste aus dem Umland, auch regelmäßig, zum Essen“, so Bremer stolz und fügt lachend hinzu: „Ich sage immer: Wir sind kein Autobahn-Restaurant, sondern ein Restaurant an der Autobahn!“


Willkommen Zuhause

Rund zwei Drittel der Restaurantbesucher sind Stammgäste. Darunter sind selbstverständlich sehr viele Lkw-Fahrer, ungefähr die Hälfte stammt aus Holland. „Für die Fahrer ist das hier ja fast so etwas wie ein Zuhause“, sinniert Bremer. „‚Hallo Wilhelm, schön, dass Du da bist. Wie geht es Dir?‘ – Wir kennen unsere Stammgäste mit Namen und die Fahrer freuen sich über diese persönliche Begrüßung.“ Da ihm das Wohl seiner Gäste sehr am Herzen liegt, zeigt sich Bremer auch erleichtert, dass er sein Restaurant in der Pandemie geöffnet haben darf, um zwischen 17 Uhr und 21 Uhr die Berufskraftfahrer empfangen zu dürfen. Während dieser
ganzen Zeit hielt Bremer die Sanitäranlagen stets „für die Jungs“ geöffnet, damit sie sich duschen konnten. Vor circa drei Jahren führte die benachbarte Tankstelle Parktickets mit Verzehrbon ein: Für 14 Euro finden Lkw-Fahrer einen Übernachtungsparkplatz
und können für zehn Euro essen und trinken.

Die sanitären Anlagen sind dann zur kostenfreien Nutzung. Der Gastronom verweist noch auf den besonderen Service für Bus- und Gruppenreisen: Bremer und sein Team bieten einen Verpflegungsservice mit Speisekarten mit individuellen Menüvorschlägen sowie Lunchpakete an. Während sich die Reisenden ausruhen, erfrischen und stärken, werden die Vorräte im Bus für die Weiterfahrt unter anderem mit gekühlten Getränken und Snacks wieder aufgefüllt.
„Hoffentlich wird es auch zukünftig wieder Bus- und Gruppenreisen geben“, so der Hausherr.

Eine Fuhre Mist

Unterstützung erhält Bremer, der im August 70 Jahre alt wird, von 17 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Coronabedingt sind derzeit viele in Kurzarbeit, nur drei sind aktuell beschäftigt. Eine von ihnen ist Sabrina Turba. Sie erlernt den Beruf der Restaurantfachfrau im Diemelstädter Betrieb und wird im Sommer ihre Ausbildung abschließen. Bremer hat bereits mehr als zehn Nachwuchskräfte ausgebildet, viele von ihnen sind geblieben, einige nach längerer Zeit wieder in den Ausbildungsbetrieb zurückgekehrt. Gern hätte Bremer auch 2020 und 2021 wieder Auszubildende eingestellt. Doch aufgrund der aktuellen, immer noch unsicheren Lage und dem Mangel an Bewerbungen, sind die Stellen noch vakant. Bei rund 400 Gerichten, die durchschnittlich pro Tag über den Tresen des Restaurants vor der Pandemie gingen, kann der Unternehmer jedoch Hilfe gut gebrauchen. „Bei uns wird alles frisch zubereitet“, betont er. „Es gibt einige Stammgäste, die ohne einen Blick in die Speisekarte sofort wissen, was sie bestellen möchten: Nämlich eine Fuhre Mist!“ Bremer schmunzelt. Bitte was?

Seit über 35 Jahren ist das Gericht, mit diesem außergewöhnlichen Namen, der absolute Renner:
Drei verschiedene Steaks, eine kleine Bratwurst, eine Frikadelle, gegrillter Bauchspeck, Bratkartoffeln und ein Salat werden auf einem Deko- Holzschubkarren drapiert. Von dort aus kann sich der Gast die Leckereien auf einen Teller laden. Danach dürfte selbst der größte Hunger gestillt sein. Ebenfalls bieten Bremer und sein Team wechselnde Wochengerichte an – auch in diesen besonderen Zeiten. Der fast 70-Jährige hofft sehr, dass bald wieder Trubel in seinen drei Betrieben herrscht und er sein komplettes Team sowie seine Gäste begrüßen darf. Doch bis es so weit ist, lässt sich der Gastronom trotz der herausfordernden Zeit seine positive Art nicht nehmen: „Ich bin noch total aktiv und der Job macht mir sehr viel Spaß – auch die wenigen Gäste empfange ich deshalb stets mit guter Laune!“

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