Nicht nur der Zwang, die eigenen Abläufe zu digitalisieren, führt zu einem erheblichen finanziellen Druck auf Unternehmer. Foto: shutterstock/My Agency, shutterstock/Kirkam
Angesichts wirtschaftlicher Spannungen und ungünstiger politischer und gesellschaftlicher Entwicklungen steht die Logistikbranche von mehreren Seiten unter Druck. Überdurchschnittlich stark treffen Insolvenzen daher Transportunternehmen.
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ie Logistik steht vor zahlreichen Herausforderungen. Einerseits ist sie mit massiven Kostensteigerungen konfrontiert. Die Mauterhöhung, steigende Kraftstoffpreise und Zinsen schnüren der Branche die Luft ab. Hinzu kommt ein starker Investitionsdruck. Um Prozesse zu optimieren, muss in die Digitalisierung von Dispo und Lagerhaltung investiert werden. Auch die notwendige Dekarbonisierung und Reduktion der CO2-Emissionen macht Investitionen notwendig.
Sinkende Einnahmen, verzögerte Zahlung
Andererseits sinken auf der Einnahmeseite die Transportpreise. Durch die wirtschaftlich angespannte Gesamtsituation fehlen die Mengenvolumen, und Logistiker können die Mehrkosten teilweise nicht an ihre Kunden weitergeben. Und im Einzelfall verhindert der Fachkräftemangel eine vollständige Auslastung der vorhandenen Kapazitäten. Und es gibt noch ein weiteres branchenspezifisches Problem: die schlechte Zahlungsmoral. Das durchschnittliche Zahlungsziel lag einer Studie des Kreditversicherers Coface zufolge 2023 bei 31,5 Tagen. Das entspricht einer Verlängerung gegenüber 2022 um 1,4 Tage.
Dennoch berichten über 85 Prozent der Studienteilnehmer von Zahlungsverzögerungen, diese beliefen sich im Durchschnitt auf 35 Tage (das entspricht einem Plus von
10,3 Tagen gegenüber 2022). Das heißt: Mit einer durchschnittlichen Verzögerung von über 65 Tagen erhalten Unternehmer die Zahlung für einen Transport, dessen Kosten (Kraftstoff, Personal etc.) sie selbst deutlich früher begleichen mussten. Dass dies zu finanziellen Problemen führt, liegt auf der Hand.
Laufende Kosten etwa für den Kraftstoff müssen Unternehmer sofort begleichen, die Frachtrechnung wird unter Umständen erst mit Verspätung bezahlt.
Überdurchschnittlich viele Insolvenzen
Gesamtwirtschaftlich steigen derzeit insgesamt die Insolvenzzahlen. Etwa 11.000 Unternehmensinsolvenzen im ersten Halbjahr 2024 registrierte die Creditreform. Wenig überraschend waren darunter Betriebe aus Transport und Logistik überdurchschnittlich vertreten.
Für das erste Quartal 2024 schlüsselte das Statistische Bundesamt die Insolvenzen nach Branchen auf. Gerechnet auf 10.000 Unternehmen meldeten in der Logistik 29,6 Betriebe Insolvenz an. Damit belegt die Branche einen traurigen Spitzenplatz. Zum Vergleich: In der Baubranche waren es 23,5; im verarbeitenden Gewerbe 23 und im gesamtwirtschaftlichen Schnitt 15,2 pro 10.000 Unternehmen.
Die oft in einem schlechten Zustand befindlichen Straßen und Brücken, die Verzögerungen und Umwege verursachen, verschärfen die Situation zusätzlich. Und die Probleme mancher älterer Logistik-Unternehmer, einen Nachfolger zu finden, heizen die Insolvenzsituation zudem weiter an.
Schwierige Zeiten für eine Branche, der als Bindeglied zwischen Zulieferern, Produzenten und Konsumenten eine entscheidende gesamtwirtschaftliche Bedeutung zukommt. Einer Umfrage der IHK Niedersachsen und des Gesamtverbands Verkehrsgewerbe Niedersachsen (GVN) zufolge bewerten 30 Prozent der Kollegen im Nachbarbundesland die Lage als schlecht und 40 Prozent erwarten sogar eine noch weitere Verschlechterung. Nur zwölf Prozent blicken optimistisch in die Zukunft.
Factoring
In wirtschaftlich angespannten Situationen kann Factoring ein geeignetes Instrument sein, um unmittelbar liquide Mittel aus bereits erwirtschafteten Umsätzen zu generieren. Die SVG Hessen eG bietet ihren Mitgliedern mit der EKF Finanz Frankfurt GmbH nun auch diesen Service an.
Factoring ist der Fachbegriff für den einmaligen oder fortlaufenden Verkauf von Forderungen aus Waren-, Dienstleistungs- oder Handelsgeschäften an eine Factoring-Gesellschaft, einen sogenannten Factor, und dient der Finanzierung von Außenständen. Lange Zahlungsziele ergeben hohe Forderungsbestände, diese binden das Kapital.
Mit Factoring schützen sich Unternehmen der Transport- und Logistikbranche vor Zahlungsausfällen, denn mit dem Kauf und der Bevorschussung der Forderungen geht auch das Ausfallrisiko zu 100 Prozent auf den Factor über.
Durch die Auslagerung der Debitorenbuchhaltung, des Mahn- und Inkassowesens an die EKF haben Unternehmen mehr Zeit und Ressourcen für ihr Kerngeschäft. Wolfgang Roell, Leiter Marketing und Vertrieb, der EKF GmbH erklärt: „Je länger Gläubiger auf ihr Geld warten müssen, desto später können sie es investieren. Mit Factoring überlassen Unternehmen ihre Forderungen der EKF und erhalten direkt nach Rechnungsstellung 90 Prozent des Gesamtbetrages. Den Rest rechnen wir ab, wenn ihre Kunden gezahlt haben.“