Credit: privat

Seit sechs Jahren ist Michael Kuwilsky bei Iveco im Vertrieb tätig. In Sachen LNG wirft der 41-Jährige sein fundiertes Fachwissen in die Waagschale. Im folgenden Gespräch berichtet er über seine Erfahrungen und Beobachtungen, schätzt Perspektiven ein und skizziert Erwartungen.

Herr Kuwilsky, mit LNG betreten Sie Neuland. Wie kommt das Thema bei den Kunden im Markt an?
Neuland ist vielleicht nicht der richtige Ausdruck. Iveco bietet seit 20 Jahren Erdgasmotoren und seit 2016 Lkw mit LNG an. Unseren Kunden ist klar, dass wir schon heute Alternativen und Ergänzungen zu den mit Diesel betriebenen Fahrzeugen benötigen. Daher ist das Interesse an unseren Erdgas-Fahrzeugen sehr groß. Die staatliche Förderung und die Mautbefreiung haben zudem einen enormen Schub gebracht.

Welches sind typische Fragen und Bedenken, auf die Sie treffen?
Die ersten Fragen betreffen eigentlich immer die Reichweite der Fahrzeuge und die Verfügbarkeit von Tankstellen. Das Tankstellennetz ist zurzeit noch ein einschränkender Faktor für LNG-Fahrzeuge. Daher werden die Fahrzeuge von unseren Kunden
fast ausschließlich auf festen Routen mit gesicherten Tankmöglichkeiten eingesetzt. Da das Tankstellennetz aber kräftig am Wachsen ist, werden künftig immer mehr Firmen von LNG profitieren können. Bei einer – zumindest von Iveco gebotenen – Reichweite von 1.600 km hat der Spediteur auch genügend Freiheitsgrade.
Für den Kasseler Raum sind zwei öffentliche, fest installierte LNG-Tankstellen noch für 2019 angekündigt. Bis dahin stellt eine vorübergehende LNG-Tankstelle auf dem Gelände der Iveco Süd-West Nutzfahrzeuge GmbH in Kassel die Versorgung sicher.

Welche Rolle spielt der Sicherheitsaspekt?
LNG-Fahrzeuge stellen in keiner Weise ein größeres Sicherheitsrisiko als jeder andere Lkw dar. Methan ist ungiftig, hoch flüchtig und nur in einem sehr engen Methan-Sauerstoffgemisch zündfähig. Das heißt, es wird sich nie Gas um oder unter dem Fahrzeug sammeln. Und sollte es wider Erwarten mal zu einer Leckage kommen, wäre der Luftsauerstoffgehalt zu niedrig, um das Gemisch zu entzünden. Daher sind LNG-Fahrzeuge auch für AT- und FL-Gefahrguttransporte zugelassen. Selbstverständlich sind auch alle von Dieselfahrzeugen bekannten Assistenzsysteme und Sicherheitsausstattungen bei unseren LNG-Fahrzeugen verfügbar.

Was sind aus Ihrer Sicht und Erfahrung zentrale Argumente, die für LNG sprechen?
Zentrale Argumente sind die Einsparung von 70 Prozent Stickoxid (Einfahrrestriktionen in Städten!), 96 Prozent Feinstaub und 15 Prozent CO₂ sowie eine deutliche Reduktion der Geräuschemission gegenüber einem vergleichbaren Dieselantrieb.
Damit stellen Gasmotoren zurzeit die einzige in Serie produzierte Alternative zum Dieselmotor dar, die verfügbar und bezahlbar ist und eine praxisgerechte Reichweite und Leistung bieten kann. Durch die Mautbefreiung und die verfügbaren Beschaffungsförderungen sind LNG-Fahrzeuge auch wirtschaftlich hochinteressant für unsere Kunden.

Für welche Anforderungen bzw. Aufgabenstellungen eignet sich die neue Technologie besonders gut?
CNG/LNG ist für nahezu alle Aufgabenstellungen wie BDF-Fahrgestelle, Abrollkipper, Volumen- oder Standard-Sattelzugmaschinen geeignet. Durch die deutlich leisere Verbrennung und die viel geringere Feinstaubemission sind Gasfahrzeuge gerade für den innerstädtischen Verkehr prädestiniert.

Wo liegen die Grenzen?
Für Offroad- und Schwerlastanwendungen sind LNG-Fahrzeuge noch nicht geeignet.

Was werden aus Ihrer Sicht entscheidende Parameter sein, die in den nächsten Jahren über den Erfolg von LNG in Sachen Mobilität sorgen werden?
Das Tankstellennetz, eventuelle Dieselfahrverbote und die Entwicklung der einzelnen Kraftstoffpreise werden entscheidende Faktoren sein.

Was erwarten Sie in diesem Zusammenhang, wenn es um wirkungsvollen Rückenwind aus dem politischen Raum geht?
Vor allem geht es um schnellere Genehmigungsverfahren für geplante LNG-Tankstellen und die Verlängerung der Mautbefreiung über das Jahr 2020 hinaus.



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