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Einmal mehr volles Haus verzeichnete der traditionelle Fernfahrerstammtisch am Kirchheimer Dreieck zum Jahresauftakt. Die Polizei und der Fachverband freuten sich über die Resonanz. Mit Großraum- und Schwertransporten rückte ein Thema in den Fokus, das aus Sicht der Logistiker viele Facetten aufweist. Moderator Mario Döring referierte und stand anschließend Rede und Antwort.

Polizeibeamte, Mitarbeiter von Genehmigungsbehörden, Kraftfahrer Fuhrparkleiter und Unternehmer sehen sich im Bereich ladegutbezogener Sondertransporte täglich mit wechselnden Herausforderungen konfrontiert. Vor dem Hintergrund hatte das Team des Polizeipräsidiums Osthessen dieses aktuelle und stets brisante Thema gewählt.
Moderator und Experte in Sachen Güter- und Sondertransporte, Polizeihauptkommissar Mario Döring von der Bad Hersfelder Autobahnpolizei, begrüßte 50 Teilnehmer. Neben Fahrern, Disponenten, Fuhrparkleitern sowie Netzwerkpartnern waren zwei
Polizeibeamte aus dem sächsischen Zwickau angereist, um sich über die Stammtischarbeit der hessischen Kollegen zu informieren.

„Es gibt keine Toleranzen“

Zunächst widmete sich Döring den gesetzlichen Vorgaben der StVO und der StVZO sowie einiger DIN-Vorschriften. Insbesondere verwies er auf die Paragraphen 22 StVO und 32 StVZO, wo die Standardwerte der maximal zulässigen Maße und Gewichte der Aufbauten bzw. der Gesamtmasse festgelegt sind. Jeglicher Transport, der die vorgegebenen Werte in irgendeiner Weise überschreitet, bedarf der Ausnahmegenehmigung. „Da gibt es keine Toleranzen“, so der Referent (siehe § 32, Abs. 8, StVZO).
Ausnahmegenehmigungen erteilt die entsprechende Verwaltungsbehörde.

In den Bundesländern gibt es unterschiedliche Zuständigkeiten. In der Regel ist die örtliche Behörde des Unternehmens bzw. des Ausgangspunktes des Transportes zuständig; sie nimmt den Antrag entgegen und bearbeitet ihn. Soweit der Transport durch mehrere Bundesländer führt oder länderübergreifend in einen anderen EU-Staat geht, sind jeweils übergeordnete Behörden in das
Genehmigungsverfahren einzubeziehen. Allein aus dem Verfahren und den unterschiedlichen Zuständigkeiten ergibt sich die Erkenntnis, so Döring, dass die jeweiligen Sachbearbeiter die Durchführung unterschiedlich bewerten und voneinander abweichende Genehmigungen sowie Auflagen erteilen. Diese Erkenntnis aus der täglichen Kontrollpraxis des Beamten bestätigten und beklagten zahlreiche anwesende Fahrer und Disponenten.

Ausnahmegenehmigungen sind teilweise fehlerhaft, auch gefälschte Genehmigungen wurden schon bei Kontrollen festgestellt. Die mitunter verschachtelten und verknüpften Gesetzesvorschriften (29 Abs. 3 und 46 StVO sowie 70 StVZO), die sich mit der Antragstellung und Erteilung befassen, werden nicht immer im Sinne der Vorschrift ausgelegt. Es wäre unbedingt eine Vereinheitlichung anzustreben, so auch die Forderungen der Zuhörer. Letztendlich würde das zu mehr Sicherheit auf den Straßen führen – in rechtlicher und faktischer Hinsicht.

Genehmigung kopiert

Döring zeigte anhand einiger kopierter Genehmigungen auf, welche Fehler und Mängel bei Kontrollen festgestellt werden. Falsche Angaben, die bereits bei der Antragstellung gemacht werden, und/oder inkonsequente Überprüfungen der Angaben durch die Behördensachbearbeiter sind keine Seltenheit.
Auch pauschale Genehmigungen führen immer wieder zu Problemen an der Kontrollstelle. Da die Fahrer das jedoch in der Regel nicht selbst zu vertreten haben, lässt die Polizei aus Opportunitätsgründen eine Weiterfahrt zu, soweit die Verkehrssicherheit nicht beeinträchtigt ist. Abschließend beschäftigte sich Döring mit Fragen rund um die sogenannte unteilbare Ladung, den Ladungsüberhang, das geöffnete Heckportal sowie die negative Stützlast.
Seine Ausführungen weckten reges Interesse, und einige Teilnehmer fügten eigene Wortbeiträge hinzu.

Bagger stürzt ab

Im zweiten Teil des Abends berichtete Polizeioberkommissar Harald Schenk über ein Unfallereignis auf der A 5 aus dem vergangenen Jahr, als ein tonnenschwerer Bagger während der Fahrt die Transportfläche eines Tiefladers verlassen hatte und
auf die Fahrbahn gestürzt war. Die Ermittlungen der Polizei ergaben, dass das Transportfahrzeug, eine „Marke Eigenbau“ aus einem östlichen EU-Staat, schon mehrfach in ähnlicher Weise eingesetzt worden war.
Angeschweißte Auffahrrampen und Zurrpunkte sowie ablegereife Ketten erwiesen sich als Hauptursachen für den Unfall.

Wie ging es weiter?
Zunächst wurde das OWI-Verfahren wegen mangelhafter Ladungssicherung gegen den Fahrer eingestellt. Damit konnte über
die zuständige Bußgeldstelle beim Regierungspräsidium Kassel ein Verfallsverfahren (Gewinnabschöpfung) gegen das Transportunternehmen eingeleitet werden. Neben der Hinterlegung von 2.800 Euro Bargeld wurde dem Unternehmer die Transportgenehmigung entzogen – und darüber hinaus hatte er die Bergungskosten in vierstelliger Höhe zu tragen.
„Ein Beispiel mit Außenwirkung. Zum Glück kamen bei dem Unfall keine Personen zu Schaden“, fasste Schenk zusammen.

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