Credit: Privat

Eingebettet zwischen Rhön, Spessart und Vogelsberg befindet sich das Städtchen Schlüchtern. Einigen ist die Stadt im östlichen Main-Kinzig-Kreis durch das jährlich stattfindende Heimatfest „Kalter Markt“, dessen Ursprünge bis in 12. Jahrhundert zurückreichen, bekannt, anderen durch die Deutsche Märchenstraße oder durch den 258 km langen hessischen Radfernweg
R3 und wieder anderen durch die Bundesautobahn 66.
Denn an dieser liegt die zwischen Frankfurt und Fulda gelegene hessische Kleinstadt. Ebenfalls befindet sich der SVG Autohof
Schlüchtern an der A66 und empfängt seit nunmehr einem Vierteljahrhundert Reisende Am Distelrasen. Hier können Lkw-Fahrer,
Durchreisende und Anwohner sowohl Energie als auch Sprit tanken.

Zweiundzwanzig Jahre ist es her, dass Markus Groß sich selbstständig machte. Seitdem betreut der 60-jährige insgesamt vier Shell-Tankstellen:
Zwei davon befinden sich direkt in Fulda, eine ist in Bad Neustadt / Saale. Und dann gibt es natürlich noch die Tankstelle auf dem SVG Autohof in Schlüchtern. Ursprünglich kommt Groß aus dem Einzelhandel.
Der gelernte Konditor übte seinen Beruf sieben Jahre aus, bevor er dann fünf Jahre im Großhandel tätig war. Als er ein Angebot als Filialleiter bei Aldi Süd erhielt, nahm er die Herausforderung an: „Bei Aldi Süd bin ich dann in den kaufmännischen Bereich reingerutscht. Ein Bandscheibenvorfall zwang mich achteinhalb Jahre später in die Knie. Die körperlichen Arbeiten waren danach nicht mehr gut zu bewältigen.“ Was also tun? Groß fragte sich, in welchem Bereich er sich selbstständig machen könnte.
Tankstelle war eine Option, dann wurde hier jemand gesucht und so nahm alles seinen Lauf“, berichtet uns Groß. Die Tankstelle Am Distelrasen ist sowohl vom Umsatz als auch vom Umfang die größte der vier Tankstellen, für die der Hesse die Verantwortung trägt. Alle buchungstechnischen Arbeiten werden vom „Hauptsitz“ erledigt. Dennoch versucht Groß nach Möglichkeit, jeden Tag in jeder Tankstelle vorbeizuschauen, um sich mit den insgesamt 25 Mitarbeitern auszutauschen. Am Autohof sind derzeit neun Personen beschäftigt.

Auch im Lockdown hatte die Tankstelle am Autohof rund um die Uhr geöffnet. „Im Lockdown hatten wir 40 Prozent weniger Umsatz zu verzeichnen. Aktuell sind es immer noch 30 Prozent, die uns fehlen“, so Groß. Waren weiterhin Berufskraftfahrer
auf den Straßen unterwegs, fehlten die Handelsvertreter, die ansonsten einen Stopp am Autohof einlegen. Groß selbst hatte im vergangenen Jahr 7.000 Kilometer weniger auf dem Tacho als zu „normalen“ Zeiten. „In so einer Situation kann man froh sein, wenn man einem großen Konzern angehört und nicht um jeden Cent kämpfen muss“, zeigt sich der Shell-Pächter dankbar. „Klar, man hat sehr viel Zeit gespart, wenn man nicht überall hinfährt, doch das Zwischenmenschliche fehlte einfach. Es tut gut, mal zwei, drei Worte zu wechseln.

Warme Semmeln

Im Vergleich zu seinen drei Stadttankstellen machen an der Autobahntankstelle rund 60 Prozent Fernfahrer die Kundschaft aus. Eine Ferienautobahn sei die A66 nicht, doch würden hier neben Durchreisenden auch viele Handelsvertreter halten. Auch Stammkunden hat der SVG Autohof.
Beim Sortiment hat Groß durchaus ein Mitspracherecht. Zwar wird viel von Shell vorgegeben, aber Wünsche dürfen durchaus
geäußert werden. „Wir haben hier natürlich auch einen Trucker-Bereich, der jede Menge Artikel für Lkw-Fahrer bereithält: Beleuchtung, Kaffeemaschinen für die Bordküchen, Sicherheitsschuhe – die gehen weg wie warme Semmeln“, erklärt uns Groß lachend.

Apropos warme Semmeln: Snacks wie Brezeln und belegte Backwaren bereitet das Team selbst vor. Das Team umfasst übrigens fast ausschließlich Festangestellte. Aushilfen beschäftigt der Pächter kaum. „Einer meiner Mitarbeiter hat hier quasi mit mir angefangen, viele weitere sind seit zehn, fünfzehn Jahren dabei. Fluktuation stelle ich eher bei den jüngeren Leuten fest
und bin froh, so ein schönes, festes Stammteam zu haben
“, zeigt sich Groß dankbar. Dieses Stammteam ist 24/7 vor Ort – auch an Weihnachten und Silvester. Nur einmal war die Autobahn-Tankstelle nachts für ein paar Stunden geschlossen. Der Unternehmer erinnert sich schmunzelnd:
Als die Währungsumstellung auf den Euro zum Jahreswechsel 2002 erfolgte, mussten die Abrechnungen gefahren werden. Sechs Stunden später konnten wir erst wieder öffnen. Da kamen natürlich gleich die ersten Leute, die ihre ersten Euros unbedingt ausgeben wollten!“ Shell bietet im virtuellen „Klassenzimmer“ auch Schulungen an: Hierbei geht es um Überfallthematik, Fachwissen wie Kraftstoffe, Öl etc. Glücklicherweise war das Thema Überfall hier am Autohof noch nie ein Thema.
Nachts sei zwar nur ein Mitarbeiter da, doch es sei dann schon Bewegung auf dem Autohof: Ob Kurierfahrer oder Durchreisende – ein Kunde ist immer da.

Wir wollen wissen: „Haben Sie Ihre Entscheidung, sich selbstständig zu machen, jemals bereut?“ Groß strahlt, bevor er zufrieden antwortet: „Für mich war es die absolut richtige Entscheidung! Es gab Hochs, es gab Tiefs. Doch so ist das nun einmal, so ist halt das Leben. Vielleicht betrifft das einen mehr, als wenn man irgendwo angestellt ist. Ganz am Anfang war es vor allem nicht immer leicht. Doch im Nachhinein gesehen, war der Schritt in die Selbstständigkeit und die damit verbundene Übernahme der Tankstellen die beste Entscheidung. Der Job macht mir Spaß, auch das Administrative im Hintergrund.“

Findet Nemo!

Doch Groß fährt nicht nur beruflich viel umher, sondern auch in seiner Freizeit: Bereits vor zehn Jahren hat er sich gemeinsam mit seiner Ehefrau, einer Journalistin, ein Wohnmobil zugelegt. Lieblingsreiseziel: Der Main und die Main-Schleife – insbesondere dann, wenn die Zeit knapp ist. „An der Main-Schleife sind wir in einer Stunde. Es ist ja fast schon alles gepackt, der Kühlschrankinhalt wird einfach umgeräumt, ein paar Klamotten aus dem Schrank geholt und los geht’s! In dem Moment, wo man im Wohnmobil drinsitzt, ist das schon fast wie Urlaub. Und am Standort kann man schön laufen, Fahrrad fahren, abends irgendwo ein Weinchen trinken“, schwärmt der jeweils zweifache Vater und Großvater.

Allerdings: „Camping muss man mögen. Dann macht das auch Spaß und man genießt diese Freiheiten, die man hat!“ Die weiteste Tour ging bisher bis nach Spanien. „Vier Wochen am Stück weg zu sein, ist jedoch eher schwierig mit meinem Job zu vereinbaren. Und für Spanien sind zwei Wochen einfach zu kurz. Wenn wir mal in Rente sind, haben wir uns vorgenommen, mal vier, fünf, sechs Wochen am Stück auf Tour zu sein. Bis dahin muss ich das Aquarium abgeschafft haben,“ schmunzelt Groß. Ein Meerwasseraquarium – mit Korallen und Clownfischen – gehört nämlich ebenfalls zu den Hobbys des 60-jährigen. Weiterhin spielt Groß in einem Akkordeonorchester klassische Musik. Langweilig wird’s da nicht. Und klar:

Wenn das Ehepaar Groß mit dem Wohnmobil unterwegs ist, wird natürlich an anderen Autohöfen aufgetankt. „Da hole ich mir dann auch schon mal Anregungen: Was machen die hier? Was kann ich verbessern!

„Silberhochzeit“

Offen für Veränderungen sind auch Rudi und Gudrun Kramer, die einige hundert Meter weiter das Rasthaus „Am Distelrasen“ führen. Das Ehepaar hatte in diesem Frühling 25-jähriges Firmenjubiläum. Sie können bereits auf viele Jahre in der Gastronomie zurückblicken: Die gelernte Steuerfachangestellte und der Maschinentechniker betrieben bis 1988 eine Diskothek, im Anschluss waren sie im Landgasthof von Gudrun Kramers Familie tätig. Als der damalige Bürgermeister auf die Eheleute zukam,
ob sie sich vorstellen könnten, ein Rasthaus auf dem neu gebauten Autohof zu übernehmen, nahmen sie diese Herausforderung an. Und so eröffneten Kramers am 19. April 1996 das Rasthaus auf dem Autohof Schlüchtern an der A66.

Seit diesem Tag ist auch Küchenchef Michael Berthold Teil des Teams, welches aus 15 Festangestellten besteht. Silvia Alt, Serviceleiterin und Torsten Manusch, stellvertretender Küchenchef, sind ebenfalls seit bald 25 Jahren im Rasthaus beschäftigt. „Neben den Festangestellten haben wir auch rund 15 Aushilfen. Doch diese mussten wir leider in der Pandemie freistellen und auch ein Teil des Teams wurde in Kurzarbeit geschickt“, bedauert Rudi Kramer. Umso glücklicher ist das Unternehmerpaar, dass nun nach und nach Lockerungen stattfinden.

Dennoch war das anwesende Personal auch im Lockdown gut ausgelastet, denn das Rasthaus versorgt einige Kindergärten, Schulen und Jugendeinrichtungen mit einem Mittagstisch. Dadurch konnte zu Corona-Zeiten das to go-Geschäft gut aufrechterhalten werden. „Wir sind regional sehr verwurzelt“, so Gudrun Kramer.

„Das haben wir auch bei der Auswahl der Gerichte berücksichtigt. Mit der gebotenen Vielfalt sprechen wir ein breites Publikum an.“ Das gilt auch für das Café 66 und die Spielhalle. Vor zwölf Jahren wurde der Anbau fertig gestellt. „Das Café 66, Bar und Bistro, wird sehr gut von allen Altersklassen besucht“, berichtet der Gastronom. Kein Wunder: Die zeitgemäße und moderne Inneneinrichtung und der Außenbereich, der im Lockdown neugestaltet wurde, wirkt sehr ansprechend. „Das Café 66 hat – in ‚normalen’ Zeiten unter der Woche bis zwei, freitags und samstags bis drei Uhr geöffnet. Hier stört man niemanden und es ist schön, dass sich das Bistro so zu einem Anlaufpunkt in der Region entwickelt hat. „Ohne unsere tollen Mitarbeiter wäre das alles nicht möglich.
Ein großes Lob an unser Team“, so der Gastronom.

Feiern bis zum Morgengrauen

Auch wenn sich Rasthaus und Café auf einem Autohof befinden, sind fast dreiviertel der Gäste aus der Region. So verwundert es nicht, dass viele hier ihre Familienfeiern ausrichten. Drei Veranstaltungsräume umfasst das Rasthaus. Hier lassen sich sowohl kleinere Besprechungen mit 10 Personen als auch größere Seminare / Tagungen mit 20 oder 40 Personen ausrichten. Wer richtig viel Platz benötigt, kann auch alle drei Räumlichkeiten, die sich verbinden lassen, buchen. So finden sogar bis zu 80 Gäste Platz. „Vor allem Geburtstage in einem gewissen Alter werden hier gern gefeiert. Denn bei uns ist alles barrierefrei und Parkplätze sind direkt vor dem Eingang ausreichend vorhanden“, verrät uns Rudi Kramer.

Wir freuen uns auf jeden Fall, bald wieder Gäste empfangen zu dürfen. Unser Ziel ist es, immer allen unseren Gästen, die hier eine
schöne Zeit verbringen möchten, gerecht zu werden: Dazu gehören Berufskraftfahrer und Handelsvertreter, die sich bei uns stärken wollen, genau so wie Familien, die hier einkehren.
“ Deshalb setzt das Gastronomenpaar im Restaurant auf einen à la carte- und einen SB-Bereich – so ist für jeden etwas dabei. In der Vergangenheit war der Sonntag immer der beste Tag. „An diesem Tag kamen stets viele Gäste aus der Region zum Mittagessen und ohne Reservierung hatte man da keine Chance!“ erinnert sich Rudi Kramer.
Für das Ehepaar, das bereits das Rentenalter erreicht hat, ist ihr Job nicht nur einfach ein Job, sondern Berufung. Ans Aufhören denken die Kramers noch lange nicht: Wir haben in die Zukunft investiert. Und auch der Landgasthof ist weiterhin in guten Händen. Mittlerweile wird dieser vor allem von Tochter Christina und Sohn Claus geführt. „Wir haben immer gesagt, sie sollen das machen, was sie gern beruflich machen möchten. Natürlich freuen wir uns, dass der Landgasthof weiter fortbesteht und bald auf die 100 Jahre zusteuert“, sinniert Rudi Kramer und ergänzt schmunzelnd: „So wie wir!“

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