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Mehr als fünf Jahrzehnte prägen die Spedition Varlemann. 1962 trat das Unternehmen in den Markt ein. Der heutige Chef kam 1990 dazu. Nachdem er sich bei der Spedition Koch in Heidelberg hatte ausbilden lassen, ging Uwe Varlemann im elterlichen Betrieb in Diemelstadt an Bord. Heute beschäftigt er über 70 Fahrer, die 60 Zugmaschinen bewegen. Ein dreiköpfiges Team betreibt die eigene Werkstatt, zehn Mitarbeiter engagieren sich im administrativen Bereich.

Das Lager am Unternehmenssitz umfasst eine Fläche von 6.000 Quadratmetern. Weitere Lagerstandorte kommen hinzu. Einer befindet sich, in optimaler Lage, direkt an der Autobahn 44. Das Gelände ist 25.000 Quadratmeter groß, eine Option zur Erweiterung hat sich die Spedition gesichert. Über fünf Rampen kann be- oder entladen werden, außerdem ist die Halle fast komplett befahrbar. Bis vor kurzem wurde dort Ware für einen Kunden aus Brilon eingelagert. Seit Anfang Juni nutzt die
Papierfabrik Sprick den Raum für Kartonagen sowie Papierrollen. „Langfristig ist es denkbar, dass wir den Standort an der A44
ausbauen werden“, deutet der Unternehmer an. Ein zusätzliches Lager mit 2.500 Quadratmetern Fläche haben die Nordhessen angemietet. Die Halle nimmt Produkte der Bond Laminates GmbH auf, die zum Lanxess-Konzern gehört. Es handelt sich unter anderem um hochwertige Karbonplatten.

Papier spielt wichtige Rolle

Diemelstadt liegt in Nordhessen, unmittelbar an der Grenze zu Nordrhein-Westfalen. Hinter dem Grundstück der Spedition fließt die Diemel. Der Fluss markiert die Grenze zwischen beiden Bundesländern. Uwe Varlemann erhebt sich in seinem Büro, tritt ans Fenster, hebt den Arm und zeigt hinaus. „Die Bäume da vorn liegen noch auf hessischem Gebiet. Alles, was sich dahinter befindet, gehört schon zu Westfalen“, erläutert der 55-Jährige. Damit wird deutlich, warum die Fahrzeuge mit dem KB-Kennzeichen fahren, dem Kürzel für Korbach. Gleichwohl hat die Spedition starke Verbindungen nach Westfalen – persönlich wie im Hinblick auf die Kunden.

Apropos Kunden: Am Standort Diemelstadt sind zahlreiche dynamische Industriebetriebe zu Hause. Mit Smurfit-Kappa und Sprick zählen gleich zwei renommierte Papierhersteller dazu. Bei Letzterem handelt es sich um ein privat geführtes, äußerst innovatives Unternehmen. Die kreative Entwicklungsabteilung sorgt regelmäßig für Furore; nicht zuletzt galt das, als sie höchst leistungsfähige Verpackungsmaschinen für Amazon kreierte. Das Ergebnis kann nahezu jeder Verbraucher wahrnehmen, da das Füllmaterial in Amazon-Kartons zum großen Teil von Sprick kommt.
Im Industriegebiet von Diemelstadt produziert die Firma Jäkel Landmaschinen, beispielsweise Messer und Zubehör. In Marsberg ist mit Wepa eine weitere Papierfabrik zu finden. Vor den Toren Warburgs arbeitet der Germeta Mineralbrunnen, in der Stadt selbst agiert mit Brauns-Heitmann ein internationaler Champion, der seine Stärken rund um die Chemie entfaltet. Von Textilfarben über Reinigungsmittel bis hin zu Dekorationsartikeln spannt sich seine vielfältige Produktpalette.


Enge Kooperation mit Edeka

Alle erwähnten Firmen setzen bei ihren Transporten auf Varlemann. Da verwundert es kaum, dass Papier mehr als die Hälfte des Umsatzes ausmacht. Ein weiteres wichtiges Segment markieren die Lebensmittel, die Spedition engagiert sich intensiv bei der Edeka-Zentrale in der Bartenwetzer-Stadt Melsungen. „Eine gute und enge Partnerschaft pflegen wir mit Edeka“, hebt Uwe Varlemann hervor. Die Milch spielte in der Vergangenheit eine noch wichtigere Rolle. Das ist weitgehend vorbei, seitdem die nahe gelegene DMK-Molkerei vor drei Jahren schloss. Aktuell fahren die Varlemann-Lkw noch für das DMK-Werk in Erfurt sowie die Molkerei Hochwald aus dem Raum Köln. Insgesamt machen die Aufträge, für die die Spedition im nationalen Rahmen unterwegs
ist, 90 Prozent des Volumens aus. Der Rest verteilt sich auf die Benelux-Staaten, Schweiz und Österreich, gelegentlich kommen
Tschechien und Dänemark hinzu.

„Fahrer mit Leib und Seele“

Rund 55 Jahre beträgt das Durchschnittsalter der Fahrer. Es ist damit relativ hoch. Vor dem Hintergrund wird klar, warum die Diemelstädter verstärkt den Nachwuchs ins Visier nehmen – und junge Kräfte an sich ziehen.
Das tut das Unternehmen, indem es seit vielen Jahren ausbildet. Derzeit absolvieren mit Kevin Adamo und Kevin Klein zwei Youngster ihre Lehre. Klein kam 2017 zu seinem heutigen Arbeitgeber – und das im zarten Alter von 16 Jahren. „Ich habe Berufskraftfahrer in meiner Verwandtschaft“, erklärt der junge Mann und lässt keinen Zweifel daran, dass der Job „schon immer mein Berufswunsch war“. Seinen Chef hat der Azubi überzeugt. „Kevin ist zuverlässig und fleißig. Er wird mal ein Fernfahrer mit Leib und Seele“, lobt der Geschäftsführer, dessen Bruder Dirk Varlemann (53) ebenfalls im Unternehmen tätig ist.

Werkstatt brannte lichterloh

Auf die Frage, wie die ersten Corona-Monate in seinem Haus verlaufen sind, legt der Unternehmer die Stirn in Falten. Einen starken
Einbruch habe es im April und Mai gegeben, räumt er ein. Mitte Juni habe die Nachfrage langsam wieder angezogen. Seither laufe es immer besser. „Das hatte im Sommer auch damit zu tun, dass manche Fahrzeuge erst nach und nach wieder an den Markt zurückgekehrt sind“, konstatiert er.
Krisen zu managen, ist für Varlemann nichts Neues. Eine erlebte er vor zwei Jahren, als die Werkstatt lichterloh brannte. Auslöser war ein Kurzschluss im Dachgeschoss. „Das Ganze sah spektakulärer aus als es tatsächlich war“, schränkt er ein. Gleichwohl waren damals fast 15 Wehren im Einsatz und kämpften die Flammen nieder, Umweltfahrzeuge prüften die Lage vor Ort.
Die gute Nachricht: Den Flammen hielt die Brandwand stand, das Feuer konnte nicht übergreifen. Als der Spuk vorbei war, musste
der Gebäudeteil dennoch abgerissen werden. Die Werkstatt zog in die dahinter liegende Halle um.

Kurzer Draht stärkt Vertrauen

Die zunehmende Konkurrenz aus Osteuropa macht auch dem Mittelständler aus Diemelstadt zu schaffen. „Ich stelle mich gern dem Wettbewerb. Aber die Regeln müssen für alle gelten“, fordert der Nordhesse. Seine Fahrer kommen aus der näheren und weiteren Umgebung, einige aus Paderborn und Kassel. Bei Bedarf ergänzt der Unternehmer seine Mannschaft mit Leiharbeitern aus Litauen. Bis zu zwölf Kräfte stammen aus dem Baltikum, Varlemann hält große Stücke auf sie. „Mit ihrer Arbeit bin ich sehr zufrieden“, unterstreicht er.

Viele langjährige Kräfte prägen den Fahrerstamm und zeugen vom ausgeprägten Vertrauensverhältnis, das den Umgang im Haus Varlemann kennzeichnet. Es gilt, den Teamgedanken zu stärken. Dazu gehört, dass Fehler akzeptiert werden. „Bei uns wird niemandem der Kopf abgerissen, wenn mal was nicht klappt“, betont der Chef. Bei Bedarf steht er seinen Mitarbeitern auch in privaten Angelegenheiten zur Seite. Etwa dann, wenn ein Fahrer Hilfe in einer rechtlichen Angelegenheit benötigt oder wenn es Probleme im Kontakt mit Behörden gibt. Zu den Fahrern zählt Klaus Fiedler. Eher durch Zufall kam er mit der Spedition in Verbindung. „Ursprünglich wollte ich nur zwei Tage bleiben. Mittlerweile bin ich über 29 Jahre hier“, grinst der gebürtige Erfurter. Unterwegs ist er zumeist innerhalb Deutschlands, zeitweise auch in den Benelux-Staaten.

Technologie lange im Visier

Beim Blick in die Zukunft kommt Varlemann Wasserstoff in den Sinn. Die Technologie verfolgt er seit langem. Und freut sich, dass sie in letzter Zeit immer mehr in den Fokus rückt. Wenn die Entwicklung weiter vorankommt, könnte das etwas sein, „womit wir uns in Zukunft stärker beschäftigen werden.“

Mit IT zum Smart Home

Zu Uwe Varlemanns Steckenpferden zählt die Informationstechnologie. „Die gesamte EDV im Haus betreue ich selbst“, erklärt der Vielseitige. Darüber hinaus ist er handwerklich äußerst begabt. Das stellte der Diemelstädter vor drei Jahren eindrucksvoll unter Beweis, als er sein privates Haus mit viel Eigenleistung baute und den Begriff des Smart Home mit seinem persönlichen Stempel versah.

Ein M3 als Schmuckstück

Selbst der engagierteste Unternehmer braucht gelegentlich eine Auszeit. Uwe Varlemann steigt in der warmen Jahreszeit gern in seinen Pool im Garten und entspannt sich. Als Fußball-Fan begeistert er sich für den FC Bayern München. Noch ein wenig höher schlägt sein Herz allerdings, wenn er an sein automobiles Schmuckstück denkt, einen blauen BMW M3. Das Cabriolet ist mittlerweile 23 Jahre alt. Vor einigen Monaten hat Varlemann den 320-PS-Boliden komplett zerlegt und von Grund auf überholt. „Da ist heute nichts mehr an Originalteilen dran“, schmunzelt der Auto-Fan.

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