Credit: Privat

Hallo Herr Hofmann, Sie sind immer auf dem Sprung, obwohl Sie doch schon eigentlich fast in Rente gehen könnten?
Ja, das stimmt. Aber wenn man so wie ich sein ganzes Leben im eigenen Betrieb gearbeitet hat, dann kann man nicht eben mal aufhören.

Und Sie sind jetzt gerade auch im Büro?
Da sich mein Büro direkt in unserem Wohn- und Geschäftshaus befindet, also nur eine Etage tiefer, ist das ganz praktisch. Aber meine Arbeitszeiten habe ich inzwischen enorm reduziert. Offiziell bin ich nur noch von 9 bis 13 Uhr im Büro.

Seit wann existiert die Heinrich Lohr KG?
Unsere Firma gibt es schon seit 1899, das heißt, ich bin mittlerweile schon die vierte Generation. Nach dem Abitur, 1974, war ich erst einmal zwei Jahre bei der Bundeswehr, danach folgte ein BWL-Studium in Frankfurt. Nach dem Studium habe ich in einer großen Spedition in München volontiert. In dieser Zeit hatte mein Vater gesundheitliche Probleme, und so habe ich 1981 sukzessive den Familienbetrieb übernommen. Das ist jetzt 40 Jahre her. Allerdings habe ich bereits vor fünf Jahren mein operatives Geschäft liquidiert. Inzwischen bin ich der klassische „Sofa-Spediteur“, ich habe keinen Fuhrpark und auch keine Mitarbeiter mehr. Heute bin ich wirklich froh darüber, dass ich nicht wie viele meiner Kollegen in der Situation bin, mir Fahrer suchen zu müssen.
Denn das ist heutzutage ein sehr, sehr schwieriges Unterfangen.

Aber Sie arbeiten nach wie vor im Salzhandel – worauf konzentrieren Sie sich heute?
Seit der Liquidation unseres operativen Geschäfts Ende 2015 hat sich mein Arbeitsleben grundlegend zum Besseren, was die Arbeitszeiten betrifft, geändert. Unseren früheren Speditionshof habe ich in einen kleinen Gewerbepark umgewandelt. Alle Lagerflächen und Freiflächen sind vermietet, so ist auf jeden Fall noch jeden Tag Leben auf dem Hof. Im Salzhandel vertreibe ich hauptsächlich technische Salze für Wasserenthärtungsanlagen und Auftausalz, also Streusalz. Bei mir können Sie auch Spülmaschinensalz kaufen, allerdings nicht in den haushaltsüblichen Mengen, die es im Supermarkt zu kaufen gibt. Bei mir ist es
dann schon gleich ein 50-Kilo-Sack.

Ohne Fuhrpark? Wie liefern Sie die Salze aus?
Ausliefern lasse ich über einen befreundeten Spediteur in der Region. Bei mir können die Kunden natürlich auch ihre Bestellung selbst abholen. Das sind aber meist nur Privatleute, Gewerbekunden und auch Hausmeisterdienste. Ausgeliefert wird hauptsächlich an Industrie, Handel sowie Wohnungseigentum-Gesellschaften und deren Hausmeisterdienste vor Ort.

Fahren Sie auch selbst noch zu Kunden?
Für langjährige Privatkunden setze ich mich auch mal in meinen Pkw-Kombi und liefere direkt bis zur Haustür oder bis zur Garageneinfahrt. Aber quälen will ich mich wirklich nicht mehr. Wenn es allerdings darum geht, Ware in den Keller zu tragen, da müssen andere ran. Ich bin mit meinen 65 Jahren zwar noch relativ fit, aber das Risiko ist mir zu hoch. Wie schnell hat man womöglich einen Hexenschuss.

Stichwort Corona – haben Sie beruflich oder privat Auswirkungen der Pandemie gespürt?
In den IHK-Sitzungen via Zoom habe ich immer wieder mitbekommen, dass es Gewinner und Verlierer der Pandemie gibt. Für meinen kleinen Betrieb kann ich nur feststellen, dass wir zum Glück nicht zu den Verlierern zählen. Wir konnten unseren Umsatz halten. Auch die Mieten für die Gewerbeflächen sind meistens pünktlich eingegangen. Nur im privaten Bereich, da waren wir etwas eingeschränkt. Meine Frau und ich konnten nicht wie sonst verreisen, aber auch da haben wir uns inzwischen arrangiert. Selbst bei den Lockerungen in diesem Sommer haben wir uns weder direkt in den Flieger gesetzt, noch sind wir aufs Kreuzfahrtschiff gegangen. Wir haben in diesem Jahr unseren Urlaub in Gegenden verbracht, die man mit dem Auto erreichen kann. Das
werden wir auch sicher noch eine ganze Weile beibehalten. Dazu kommt, dass wir inzwischen zweifache Großeltern sind, da zieht es einen nicht unbedingt in die Ferne.

Sie engagieren sich ehrenamtlich bei der IHK? Welche Aufgaben haben Sie übernommen?
Seit 1996 bin ich Mitglied der Vollversammlung und seit 2001 Vorsitzender des Verkehrsausschusses der IHK Darmstadt, Rhein-Main, Neckar. Ich engagiere mich hauptsächlich für die Belange der Speditionen und des gewerblichen Güterkraftverkehrs. Sie liegen mir besonders am Herzen, denn Verkehr und Transport waren schon immer das schwächste Glied, die Fußmatte der Nation, haben wir früher gesagt. Es hat viele Jahre gedauert, bis sich mittelständische Betriebe und Konzerne auf Augenhöhe begegnen konnten.

Der eigene Betrieb, ehrenamtlich bei der IHK engagiert und im Aufsichtsrat der SVG, wie kam es zu dieser Position?
Unsere Firma ist schon lange Mitglied bei der SVG Hessen, wir haben früher auch über die SVG unsere Fernverkehrsabrechnungen gemacht. Ich bin mit 24 Jahren in den Juniorenkreis des Fachverbandes Güterfernverkehr in Hessen gegangen, gegründet vom damaligen Geschäftsführer Alexander Reichert im Jahr 1980, der gleichzeitig auch Geschäftsführer der SVG Hessen war. Über die Jahre sind da echte Freundschaften entstanden und wir haben immer noch teilweise engen Kontakt untereinander.
1992 hat man mich dann in den Aufsichtsrat der SVG Hessen gewählt. Nächstes Jahr kann ich dann mein 30-jähriges Jubiläum in
diesem Gremium feiern. Stellvertretender Vorsitzender im Aufsichtsrat der SVG Hessen bin ich seit 1998.

Das hört sich immer noch nach einem „Fulltime-Job“ an, wie schaffen Sie einen Ausgleich?
Also, Golf spiele ich schon mal nicht. Aber ich nutze die gewonnene Freizeit zum Wandern und Skifahren, soweit derzeit möglich. Kraft tanke ich natürlich auch in meiner Familie. Außerdem bin ich Präsident einer Darmstädter Karnevals-Gesellschaft. Hier planen wir gerade unser 175-jähriges Jubiläum. Ein ziemlicher Akt in Zeiten einer Pandemie. Wir haben aktuell mit 150 Leuten für eine akademische Feier geplant und dafür einen Saal gemietet, in den normalerweise 500 passen. Aber
trotz allem: Für mich ist der Zusammenhalt im Verein, im Elferrat, im Freundeskreis enorm wichtig. Mein Standardspruch lautet: „Und als gelacht dabei!“

Ganz zum Schluss, Herr Hofmann, würden Sie für uns den folgenden Satz vervollständigen? Das Leben ist zu kurz, um …
… noch Dinge aufzuschieben. Lieber spontan etwas machen, als lange zu planen.


Herzlichen Dank für das nette Gespräch, Herr Hofmann!

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