Credit: Sergej Vorster, Sait Tural
Faire Preise und exzellenter Service, ein familiäres Verhältnis zu den Angestellten und einen guten Draht zu den Truckern: Mit ihren fünf Autohöfen verfolgen Sait Tural und Sergej Vorster ein besonderes Programm – und das mit großem Erfolg.
Wo erreichen wir Sie denn gerade?
Sergej Vorster: Im Auto, tatsächlich verbringe ich die meiste Zeit im Auto. Wenn ich eine Rundfahrt über unsere Autohöfe mache, bin ich bei über 1000 Kilometern. Ein festes Büro habe ich nicht, mein Büro ist in meinem Rucksack.
Sait Tural: Gerade bin ich auf dem Autohof Schlüchtern und mache die Abrechnung. Ich pendele aber auch viel. Wir beide telefonieren täglich und treffen uns unterwegs an einem unserer Standorte. Ich habe auch meinen Rucksack, da ist mein PC drin, mein Handy, das ist mein Arbeitswerkzeug, damit kann ich alles machen.
Sie sind zusammen Geschäftsführer von UNIQUE OAF. Was macht das Unternehmen?
Vorster: Wir betreiben insgesamt fünf Autohöfe. In Koblenz, Mellendorf, am Leubinger Fürstenhügel und in Schlüchtern sind wir
Geschäftsführer; in Merenberg nur Gesellschafter. Unsere Firma hat tatsächlich immer noch keinen Internetauftritt. Wir haben das Unternehmen aufgebaut, und es lief dann alles über Mundpropaganda und über Bekannte.
Wie kam es dazu, dass Sie das Unternehmen gegründet haben?
Tural: Ursprünglich bin ich Pädagoge und habe Lehramt studiert, in die Gastronomie bin ich hineingerutscht. Ich bin dann dabeigeblieben und habe interne Fortbildungen belegt. Bei Autogrill, einem italienischen Spezialisten in der Systemgastronomie, haben wir beide uns 2009 kennengelernt.
Vorster: Sait war da mein Vorgesetzter und hat viel in meine Ausbildung investiert. Ich habe ein Fernstudium belegt und wurde anschließend Regionalleiter. Und auch als Sait die Firma verlassen hat, sind wir in Kontakt geblieben. Und irgendwann 2017 saßen wir auf seiner Terrasse und haben überlegt, ob wir nicht zusammen ein Unternehmen gründen sollen.

UNIQUE OAF
Sergej Vorster, Sait Tural
- Autohof Merenberg, Hessen
- Autohof Koblenz, Rheinland-Pfalz
- Autohof Mellendorf, Niedersachsen
- Autohof Leubinger Fürstenhügel, Thüringen
- Autohof Schlüchtern, Hessen

Und dann haben Sie Autohöfe übernommen?
Vorster: Genau, wir haben uns als Pächter bei der Shell beworben und 2019 den Autohof Koblenz übernommen. 2020 folgte Mellendorf, 2021 der Leubinger Fürstenhügel.
Tural: Beim Leubinger Fürstenhügel trat die Shell an uns heran. Der Autohof war vorher nicht sehr frequentiert. Wir haben gesagt,
wir können uns das vorstellen, wenn wir uns vorab über einige Parameter einigen können. Auf der A71 in Thüringen waren nicht so
viele Pendler und Lkw-Fahrer auf der Autobahn unterwegs. Mit günstigen Preisen und sehr gutem Essen haben wir die Leute aus der Umgebung angesprochen. Wir haben die Region eingebunden. Im Autohof gibt’s auch ein Museum über die Bronzezeit in Thüringen und gleich nebenan ist ein Flugplatz, dessen Betreiber mittlerweile ein guter Freund geworden ist. Er bietet sogar Rundflüge über den Autohof an, 99 Euro für drei Personen.
Aber Sie mussten Ihr Unternehmen auch durch Krisen bringen?
Vorster: Das kann man wohl sagen. Leider hatten wir das Pech, dass ein halbes Jahr nach der Übernahme von Koblenz Corona kam.
Und, als ob das nicht gereicht hätte, kam beim zweiten Autohof die zweite CoronaWelle, beim dritten die dritte. Und ein Jahr später hatten wir die Flut im Ahrtal, die hat uns in Koblenz sehr weh getan, weil die Autobahn gesperrt war. Aber damit nicht genug, kam ein Jahr später die Energiekrise. Und trotzdem wachsen wir weiter.
Wie sind Sie denn durch die Krisen gekommen?
Tural: Also bei Corona war das so: Alle anderen haben sofort zugemacht und waren nicht verfügbar. Doch die Lkw-Fahrer mussten ja fahren, und wir haben überlegt, wie wir sie versorgen, sie supporten können, weil sie ja auch für uns da sind. Wir haben es so geregelt, dass sie Essen per Telefon bestellen und dann abholen oder wir haben es rausgebracht, to go fertig verpackt. Als Desinfektionsmittel, Masken und Schnelltests knapp wurden, haben wir alles getan, um irgendwoher welche zu besorgen. Und die Fahrer haben uns das gedankt, sie haben sich untereinander ausgetauscht und gesagt: „Hey, fahrt nach Koblenz, ihr müsst die Jungs unterstützen, die sind für uns da“. Das Ganze hat sicher mit unserer Sichtweise zu tun: Wir betreiben die Standorte nicht, weil wir da jeden Cent herauspressen wollen, sondern als eine Dienstleistung.
Wir sind für unsere Kunden da.
Vorster: Und das kam gut an, auch bei den Mitarbeitern. Wir haben auch zu Corona-Zeiten keinen einzigen Angestellten entlassen, hatten keine Kurzarbeit, wir haben alle beschäftigt, das haben sie uns auch gedankt.
Ein gutes Verhältnis zu Ihren Angestellten ist Ihnen sehr wichtig?
Vorster: Wir haben inzwischen insgesamt 100 Mitarbeiter. Und trotzdem halten wir zu allen einen persönlichen Kontakt, Das geht,
weil wir sehr viel vor Ort sind. Ich versuche, mindestens alle zwei Wochen in jedem der Autohöfe zu sein, meistens schaffe ich es
sogar öfter. Wir sind offen und ehrlich mit ihnen. Wenn wir etwa merken, dass jemand finanzielle Probleme hat, reden wir darüber,
und wenn es umsetzbar ist, erhält er ein Darlehen, um von seinen Schulden wegzukommen.
Tural: Wir haben flache Hierarchien und versuchen, nichts zu kompliziert machen. Und weil es sich herumspricht, wer wir sind und was wir tun, kommen auch von selbst neue Leute zu uns, ohne dass wir Anzeigen schalten müssten. Wir scheinen da einiges richtigzumachen.
Vorster: Von Sait habe ich gelernt: Wenn wir in einen Autohof kommen und der Laden ist voll, dann gehen wir in die Spülküche
und waschen die Teller oder helfen beim Kassieren. Damit reißen wir auch unsere Mitarbeiter und Kollegen mit. Einfach Ärmel
hochkrempeln und mit anpacken, das macht ja auch Riesenspaß.
Was bieten Sie Ihren Kunden, den Lkw-Fahrern?
Tural: Wir haben regionales, frisches Essen zu fairen Preisen. Für unsere Stammgäste gibt’s außerdem VIP-Karten, schicke schwarze Karten mit dem Namen des Fahrers drauf. Damit bekommt er in jedem unserer Autohöfe zehn Prozent Rabatt. Wenn die Fahrer ihre Pausen planen, fahren sie auch einige Extrakilometer, um zu uns zu kommen.
Vorster: Abends sitze ich gerne mit den Fahrern zusammen und unterhalte mich, weil ich an den Standorten übernachte und nicht nach Hause fahre. Dabei sind schon viele Freundschaften entstanden, bei einem Fahrer war ich auf der Hochzeit, einen anderen habe ich im Krankenhaus besucht. Wir sind auch immer ansprechbar. Ein Fahrer hatte sich beschwert, dass das Toilettenpapier zu hart sei. Da haben wir fünf Rollen in verschiedenen Qualitäten besorgt und gesagt: Such dir eine aus, und die bestellen wir dann.
Was tun Sie noch, um die Fahrer an sich zu binden?
Vorster: Am Autohof Koblenz machen wir einmal im Jahr eine Benefizveranstaltung. Dann gehen alle Einnahmen plus Spenden
unserer Kunden an einen guten Zweck, zuletzt war das der Verein Strahlemännchen, der krebskranken Kindern Wünsche erfüllt.
Außerdem bekommen die Fahrer an allen unserer Standorte ein Weihnachtsgeschenk. Wir versuchen da immer etwas zu finden,
was sie auch verwenden können. Es gab schon mal ein Handtuch mit unserem Logo drauf oder eine Taschenlampe. Wir überlegen jetzt schon, was wir Weihnachten 2025 schenken.
Was planen Sie für die Zukunft?
Vorster: Wir würden schon gerne weitere Autohöfe übernehmen. Unsere Systeme und Strukturen haben wir so aufgebaut, dass wir
mehrere Standorte leiten können. Trotz all der Krisen wirtschaften wir stabil und haben, glaube ich, auch inzwischen einen guten Ruf in der Branche.