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Der Ärger fängt für Rico Höhlig am Abend eines langen Arbeitstages an, wenn er eigentlich Feierabend machen will. Immer dann, wenn der Fernfahrer seinen Lkw von einem überfüllten Rastplatz an der Autobahn zum nächsten steuert – auf der verzweifelten Suche nach einem freien Stellplatz. „Das ist das Grauen eines jeden Fernfahrers, weil du genau weißt: Du kriegst keinen Parkplatz“, sagt Höhlig. Auf den Rastplätzen ist kaum ein Durchkommen, die Fahrzeuge stehen dicht an dicht. Seit fast zwei Jahrzehnten arbeitet Höhlig für die Spedition Fischer aus Nienburg in Niedersachsen. Und das allabendliche Problem hat sich im Laufe der Jahre immer weiter verschärft.

Die Folgen des Parkplatzmangels

Die Folgen sind gravierend: Entweder brechen die Berufskraftfahrer ihre Tour um Stunden zu früh ab, damit sie noch vor dem großen Ansturm ein freies Eckchen auf einer Raststätte erwischen. Oder sie verbringen mit der Suche nach einem Parkplatz zusätzliche Fahrzeit.
Nach einer Studie der Universität Duisburg aus dem Jahr 2017 benötigen mehr als die Hälfte der Fahrer zwischen 30 und 60 Minuten, um nach 17 Uhr noch einen Lkw-Parkplatz zu finden. Dabei geht der Spritverbrauch in die Höhe, gleichzeitig drohen Lenk- und Ruhezeitverstöße. Bleibt ihre Suche nach einem Stellplatz erfolglos, stellen Trucker immer wieder ihr Fahrzeug auf der Abfahrt und den Beschleunigungsspuren der Rastplätze ab. Damit gefährden sie sich – aber auch andere Verkehrsteilnehmer.

Autofahrer erleben das Problem, wenn auf dem Weg zum Rastplatz plötzlich ein schlecht beleuchteter Lkw auftaucht. Also weichen immer mehr Fernfahrer mit ihren Lkw in Industriegebiete abseits der Autobahn aus und parken dort. Der Nachteil: In diesen nachts verlassenen Gegen den steigt das Risiko von Ladungsdiebstählen. Für die Fahrer bedeutet diese Übernachtungsmöglichkeit nicht nur zusätzlichen Stress und Angst vor Langfingern – sie verzichten auch auf Komfort wie Duschen, Toiletten oder eine Gastronomie. Solche Umstände verschärfen den ohnehin seit Jahren bestehenden Fahrermangel noch zusätzlich.

Der Beruf wird zusehends unattraktiver. Und das Problem wird nicht kleiner. Das Bundesministerium für Verkehr (BMVI) geht davon aus, dass der Güter verkehr auf deutschen Straßen in den nächsten Jahren deutlich zu nimmt. Entsprechend wird der Bedarf an Lkw-Parkplätzen wachsen. Gleichzeitig dauert der Neubau von zusätzlichen Stellplätzen Jahre – Entspannung der Situation ist demnach nicht in Sicht.
Hessen ist dabei natürlich – allein durch seine geografische Lage an vielen wichtigen Verkehrsachsen, aber auch durch den Flughafen als Logistik-Hub – ein echter Brennpunkt. Gerade im Rhein-Main-Gebiet werden viele zusätzliche Parkflächen benötigt.
Viele Fernfahrer machen sogar schon im Taunus oder in Mittelhessen trotz verbleibender Lenkzeit ihre Pausen, um nicht mit der Uhr im Rücken im Rhein-Main-Gebiet leer auszugehen.

Eine Lösung für die Parkplatznot an deutschen Autobahnen bietet seit gut einem Jahr die KRAVAG Truck Parking App. Der zum R+V Konzern gehörende Logistikversicherer KRAVAG hat diese digitale Lösung in einem Projektteam entwickelt. „Als führender Versicherer im gewerblichen Güterverkehr setzt sich KRAVAG seit jeher für mehr Verkehrssicherheit ein. Als Lösung für den Parkplatzmangel bieten wir eine Peer-to-Peer-Plattform für Lkw-Parkplätze an“, sagt Jan Dirk Dallmer, Direktor Kraftfahrtversicherungen bei der R+V und Vorstand bei der KRAVAG-Versicherung.

Die App hilft Lkw-Fahrern bei der Suche nach einem sicheren Stellplatz für die Nacht.

Jan Dirk Dallmer

Und so einfach funktioniert’s:

Der eigentliche Clou der App ist eine Art Platzgarantie mit Dusche für KRAVAG-Kunden:
„Registrierte Fahrer können über die App direkt einen freien Stellplatz auf dem Gelände einer anderen bei KRAVAG versicherten Speditionen reservieren und dort übernachten“, berichtet Dallmer.
Dafür bilden Speditionen ein Netzwerk: Über die App stellen Unternehmen freie Parkplätze auf ihrem Gelände zur Verfügung. Registrierte Fahrer können die Stellplätze dann mit wenigen Klicks über ihr Smartphone reservieren und dort übernachten. Dabei gilt das Prinzip der Gegenseitigkeit:

Wer Parkraum bietet, kann Parkplätze nutzen. Speditionen und Fernfahrer helfen sich also untereinander, das Problem wird gemeinschaftlich angegangen. Besonders im Rhein-Main-Gebiet und in Südhessen sucht die KRAVAG mit besonderen Aktionen wie bspw. Give Aways für alle Fahrer nach Teilnehmern, um dem hier besonders drängenden Parkplatzmangel entgegentreten zu können.

Lösung der KRAVAG – schnell & unkompliziert Dank Schnuppermitgliedschaft

Da die Pandemie den Arbeitsalltag für die Trucker noch zusätzlich erschwert, gibt es derzeit Schnupper-Mitgliedschaften. „Auch wenn die Spedition selbst aktuell keine Parkplätze zur Verfügung stellen kann, können ihre Fernfahrer sich in dieser Ausnahmesituation registrieren und die Parkplätze der anderen nutzen“, erklärt Matthias Jung, Co-Projektleiter bei der KRAVAG.

Den passenden Platz entlang der Route finden die registrierten Trucker über die App. Auch Disponenten können natürlich den Parkplatz buchen – hier funktioniert die Nutzung über eine Web-App. Die Parkplätze sind über ganz Deutschland verteilt und
liegen meist in der Nähe einer Autobahn oder Bundesstraße. Die Stellplätze auf dem Gelände von Speditionen haben noch einen besonderen Vorteil: Sie sind in der Regel durch Zäune und Tore geschützt. Auf die wertvolle Landung spezialisierte Diebe
haben hier schlechte Karten.
Aber wie gelangt der Fahrer auf das Gelände der fremden Spedition? Oder in die Dusche? Auch hier ist die App der Schlüssel, dank einer modernen Zugangstechnologie: „Diese Technik baut unser Team ein, sowohl bei den Schranken oder Toren zum Gelände
als auch bei den Türen zu den Sanitäranlagen und Aufenthaltsräumen“, erzählt Jung. Das bedeutet:

Die Berufskraftfahrer haben nicht nur den Komfort von Sanitäranlagen, sondern können bei vielen der Speditionen auch in einem Aufenthaltsraum zusammensitzen, sich unterhalten und so eine erholsame Pause verbringen.

Starkes Netzwerk & All-inclusive technische Lösung

Auch für die Speditionen bietet die App große Sicherheit. „KRAVAG Truck Parking ist wie Parken in einer großen Familie – das sind alles bekannte Spediteure, die dahinter stehen“, sagt Franz Fischer, Geschäftsführer der gleichnamigen Franz Fischer Spedition aus
Nienburg. Falls auf dem Speditionsgelände doch einmal etwas passiert, sind Fahrer und Fahrzeug bei der KRAVAG versichert. Die
Parkgebühr von sieben Euro pro Nacht zahlt dabei die Spedition, für die der Trucker unterwegs ist.

Es gibt noch eine ganze Reihe von weiteren Vorteilen für die Unternehmen aus der Logistikbranche: Durch die besseren Arbeitsbedingungen steigern sie ihre Attraktivität auf dem hart umkämpften Stellenmarkt. Weniger Stress für die Fernfahrer bedeuten ein geringeres Unfallrisiko. Fahrzeug und Ladung sind sicher für die Nacht untergebracht. Wenn die zeitaufwändige Parkplatzsuche wegfällt, fallen auch weniger Strafen wegen Lenkzeitüberziehung an und für die Disponenten werden die Routen besser planbar. Während der Corona-Krise bietet die App noch eine Zusatzfunktion:

Sie dient als Karte und Schlüssel für zusätzlich aufgestellte, kostenlose Sanitärcontainer. Um den Fernfahrern in der Pandemie den Zugang zu weiteren Duschen und Toiletten zu ermöglichen, arbeitet die KRAVAG eng mit Partnern wie dem BGL, den Straßenverkehrsgenossenschaften (SVGen) und der Aktion #LogistikHilft zusammen.

Jeder Fahrer kann mit Hilfe der App kostenlos die Sanitär-Container der Aktion LogistikHilft nutzen

Matthias jung

Da der Zugang nur mithilfe der App möglich ist, bleiben die Sanitärcontainer für die Fernfahrer sicher und sauber. Das Netzwerk der KRAVAG Truck Parking App ist noch im Aufbau. „Aktuell machen mehr als 30 Unternehmen mit, aber wir wachsen ständig: Jede Woche kommt neuer Parkraum dazu“, sagt Jung. Auch der erste Autohof ist bereits mit dabei und über das Smartphone buchbar.

Beim Pionier-Autohof handelt es sich um den SVG-Autohof in Merenberg an der B49. Die Partnerschaft mit der KRAVAG Truck
Parking App besteht seit August. Mittlerweile wurde die App mehr als 5.000 Mal heruntergeladen, fast 3.000 Mal haben
Fernfahrer einen Stellplatz im Netzwerk der KRAVAG-Speditionen oder an den Containern der Aktion #LogistikHilft genutzt.
„Je mehr Speditionen mitmachen, desto enger wird das Netz geknüpft“, sagt Alexander Hillers, Vorstand der SVG Hessen eG. „Damit wird der vorhandene Parkraum immer effizienter genutzt und für immer mehr Fernfahrer verliert das Parkplatz-Thema seinen Schrecken.“ Das Projekt wurde inzwischen schon mehrfach ausgezeichnet – unter anderem als zukunftsweisendes Projekt mit dem „Digitaler Leuchtturm Versicherung“, den Google und der Süddeutsche Verlag einmal jährlich vergeben.

Auch die Politik unterstützt die KRAVAG Truck Parking App. So fördert das Land Niedersachsen die App finanziell. „Eine
starke Idee, die ein echtes Problem unkompliziert und schnell löst“, lobte der nie der sächsische Verkehrsminister Bernd Althusmann die digitale Innovation bei der Übergabe des Förderbescheids.

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