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Es ist das häufigste chemische Element des Universums und sondert bei der Energiegewinnung nur Wasser ab: Ist Wasserstoff die Lösung aller Energieprobleme im Straßengüterverkehr? So einfach ist es leider doch nicht.

Ein 42-Tonner fährt beim Hermes-Logistik-Center im osthessischen Friedewald vor, weißer Dunst kommt aus dem Auspuff – Wasserdampf. Seit Anfang des Jahres testet der Logistiker einen mit Wasserstoff (chemisch: H2) betriebenen Hyundai FC Xcient Fuel Cell. Zwischen den Unternehmensstandorten in Friedewald und Mainz (Rheinland-Pfalz) verkehrt das Fahrzeug und verteilt täglich bis zu 10.000 Sendungen. Gefördert vom Bundesverkehrsministerium im Rahmen des Nationalen Innovationsprogramms Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie erprobt Hermes das Wasserstoff-Fahrzeug zwei Jahre lang auf seine Alltagstauglichkeit.

Abfallprodukt ist pures Wasser

In H2-Lkw reagiert Wasserstoff in der Brennstoffzelle mit Sauerstoff, es entsteht elektrische Energie und als Abfallprodukt pures Wasser. Ein lokal emissionsfreier Vorgang. Zwei dieser Brennstoffzellen hat der Hyundai an Bord sowie sieben Wasserstoffspeichertanks. Diese werden mit komprimiertem Wasserstoff betankt. Beim Hermes-Fahrzeug fassen sie ein Gesamtvolumen von mehr als 32 Kilogramm, woraus das Fahrzeug eine Reichweite von rund 400 Kilometern generiert. 

Eine Wasserstoff-Technologie, mit der größere Reichweiten zu erzielen sind, ist die Verwendung von flüssigem Wasserstoff. Das Gas verflüssigt sich allerdings erst bei minus 253 Grad Celsius, was einen nochmals größeren technischen und Kostenaufwand verursacht. Der Reichweitengewinn freilich ist beachtlich, Daimler Truck spricht bei einem Fahrzeug der neuen Generation, dem GenH2 Truck, von über 1000 Kilometern.

Woher soll der grüne Wasserstoff -kommen?

Neben Wasserstofftanks und Brennstoffzellen sind H2-Lkw außerdem mit einer vergleichsweise klein dimensionierten Batterie ausrüstet, die zum einen die Leistung situationsabhängig unterstützt, zum anderen die bei der Rekuperation generierte Energie speichert. 

Bei der Reichweite liegen Brennstoffzellen-Lkw damit etwa gleichauf mit batteriebetriebenen, doch es bleiben andere Hemmnisse. Da sind zum einen – wie beim batterieelektrischen Antrieb – die fehlende Tank­infrastruktur und die mangelnde Verfügbarkeit von ökologisch erzeugtem Wasserstoff. Zwar ist Wasser, aus dem Wasserstoff gewonnen wird, ausreichend vorhanden. Was fehlt, ist Öko-Strom, um Wasserstoff zu erzeugen. 

Das führt zum wohl entscheidenden Problem: der Energieeffizienz. Nach Berechnungen des Think Tanks „International Council on Clean Transportation“ (ICCT) kommen Batterie-Elektrolaster auf einen Wirkungsgrad von 79 Prozent. Brennstoffzellen-Lkw benötigen mehr als doppelt so viel Strom, für die Gewinnung von Wasserstoff in Elektrolyseuren und den Transport zu den Tankstellen. Auch arbeitet eine Brennstoffzelle nicht so effizient wie ein Elektromotor: Insgesamt kommen die ICCT-Berechnungen hier auf einen Wirkungsgrad von 34 Prozent.

Bei Verwendung von flüssigem Wasserstoff wird dieser direkt in einen speziellen Verbrennermotor eingespritzt.

Branche und Forschung uneinig

Also alles auf Batterie? Die Wirtschaftsweisen der Bundesregierung sowie Experten aus der Branche wie MAN-Chef Alexander Vlaskamp oder Andreas Kammel, Stratege alternative Antriebe bei TRATON, sprechen sich jedenfalls eindeutig für die Batterietechnologie aus. „Sie ist in der Gesamtschau umweltfreundlicher als die Brennstoffzelle“, sagt Kammel rundheraus.

Andere Stimmen gibt es allerdings auch. Prof. Dr. Hans Ulrich Buhl vom Kernkompetenzzentrum Finanz- & Informationsmanagement und Wirtschaftsinformatik des Fraunhofer FIT, Augsburg, plädiert für eine zweigleisige Entwicklung mit Batterie und Brennstoffzelle. 

Ebenso wie ein Minderheitenvotum aus dem Kreis der Wirtschaftsweisen. Auch haben 52 Unternehmen, von Bosch bis Toyota, im Frühjahr einen offenen Brief mit dieser Stoßrichtung an die Politik geschrieben und Daimler und Volvo bereits 2021 ein Joint Venture zur Entwicklung und Produktion von Brennstoffzellen gegründet.

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